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Verarbeitung, 01.02.2013

TECHNIK IM ZEICHEN DES AUFSCHWUNGS

Messebericht „Sitevi“ 2011
Ende November fand auf dem Messegelände in Montpellier die „Sitevi“ statt, die sich in zweijährigem Rhythmus als Weinmesse mit der „Vinitech“ in Bordeaux abwechselt. Auch wenn die beiden Messegesellschaften seit einigen Jahren wieder getrennte Wege gehen, haben sie sich ab 2012 wieder für das internationale Geschäft zusammengefunden und veranstalten die Messe auf anderen Kontinenten nun wieder gemeinsam als „Sitevivinitech“.
 
Grundsätzlich unterscheiden sich die beiden Messen in der Klientel, die angesprochen wird. Im Süden finden sich viele Traubenerzeuger, deren Interesse sich auf den weinbaulichen Bereich fokussiert und eine große Zahl eher einfacher Betriebe im Landweinbereich, die unter einem enormen Kostendruck stehen. Im Südwesten dagegen finden sich mehr Betriebe mit einem traditionell größeren Interesse an einer gehobenen Weinbereitung, also mit eher önologischer und technischer Ausrichtung. Die Schwerpunkte werden letzten Endes von den Austellern gesetzt, die sich auch aus Kostengründen überlegen, welche Messe mehr Erfolg verspricht. In der Tendenz hat die Sitevi inzwischen die Schwerpunkte Weinbau und Traubenverarbeitung gesetzt. In önologischer Hinsicht vielfältiger und interessanter ist die eine Woche vorher in Mailand veranstaltete Simei mit rein kellerwirtschaftlicher Ausrichtung.
 

Investitionsbereitschaft steigt

Die Stimmung in der französischen Weinwirtschaft hat sich gegenüber der letzten Sitevi verbessert, da sich die ersten Erfolge der vielfältigen Initia­tiven zur Überwindung der Absatzkrise einstellen. Allerdings setzen sich die Konzentrationsprozesse fort. So reduzierte sich die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in Frankreich von 663.800 in 2000 auf 490.000 in 2010. Während im Jahr 2000 144.000 Betriebe 887.000 Hektar Weinberge bewirtschafteten, waren es 2010 noch 87.000 Betriebe mit 789.000 Hektar.

Die Messe war in diesem Jahr geprägt von den Themen „Maschinelle Lese“, dem steigenden Anteil der Bag-in-Box-Verpackungen sowie dem Themen­bereich „Ausstattung und Verpackung“ unter dem Aspekt des Marketings.

Der Schwerpunkt beim traditionellen Innovationspreis, den Palmarès, lag in 2011 im weinbaulichen Bereich. Auf den ersten Plätzen rangierten ­Geräte aus dem Wein- und Oliven­anbau.

ERO hatte den Grapepruner mit nach Montpellier gebracht. Die Goldmedaille beim Innovationspreis wäre nicht notwendig gewesen, denn der Flatscreen auf dem Stand war ständig umringt von einer großen Schar Neugieriger, die sich über die Arbeitsweise informieren wollten. Im Gegensatz zu vielen anderen Produkten, die in den vergangenen Jahren prämiert wurden und anschließend spurlos verschwanden, ist beim Grapepruner der Weg zum Erfolg vorgezeichnet.

Bei den Geräten zur maschinellen Lese war vor allem ein Trend zur Verbesserung der Erntetechnik festzustellen. Eine schonende Ernte und eine bessere Aufbereitung des Lesegutes durch eine effektivere Entfernung von Blattresten und Stielen bleiben wichtige Themen. In der Kellerwirtschaft waren es besonders die neuen Ansätze zum schonenden Abbeeren in Verbindung mit einer anschließenden Selektion interessant.
 

Abbeertechnik

In diesem Bereich bietet Pellenc seit zwei Jahren mit der Selectiv’ Process ein Gerät an, das sowohl abbeert, als auch Pflanzenreste zu einen sehr hohen Grad entfernt. Das System wird auch auf den neuen Erntemaschinen der Serie 8000 zum Abbeeren und für die Sortierung des Lesegutes eingesetzt. Es handelt sich dabei um eine lineare Abbeervorrichtung, die im Hochfrequenzbereich arbeitet und einen anschließenden Rollentisch zur Abtrennung von Pflanzenresten. Die Abbeervorrichtung arbeitet mit vibrierenden Fingern, mit 600 bis 1.200 Umdrehungen pro Minute und einer Frequenz von 10 bis 20 Hertz. Damit wird das Lesegut ohne große mechanische Belastung abgebeert. Im Anschluss werden die Beeren und die verbliebenen Reste über einen Rollentisch geführt. Dabei passieren die Beeren die Hohlräume zwischen den Rollen, während die grünen Teile ausgeworfen und abgeführt werden. In Montpellier hatte Pellenc nun die „Selektiv Process“-winery für die Anwendung im Kelterhaus nochmals verschlankt. Sie gleicht damit in der Form einer traditionellen Abbeermaschine, soll aber aufgrund des völlig veränderten Abbeerverfahrens schonender und effektiver arbeiten.

Für sehr großes Interesse sorgte eine Neuentwicklung in der Abbeertechnik bei Bucher Vaslin. Auch hier hat man sich nach der Einführung der Roto­vib von Armbruster wohl stärker mit der Vibrationstechnik auseinandergesetzt. Herausgekommen ist ein Gerät, das nur noch mit Vibration arbeitet und gewissermaßen das herkömm­liche Abbeeren auf den Kopf stellt. Ein oder bei höherer Leistung zwei Lochkorbzylinder sind bei der Delta Oscyllis in einem steilem Winkel angeordnet, so dass die Trauben den Korbzylinder von oben nach unten passieren. Der Lochzylinder schwingt während des Abbeerenvorgangs mit bis zu 300 Bewegungen pro Minute. Durch die weite Schwingbewegung und werden die Beeren unter Ausnutzung der Masseträgheit vom Stielgerüst getrennt (Video zur Arbeitsweise auf www.bucherfrance.com). Die Anpassung an das Lesegut erfolgt durch die Veränderung der Geschwindigkeit, der Pendelamplitude und des Lochdurchmessers des Abbeerzylinders. Die Vorteile sollen ein schonenderes Abbeeren, geringere mechanische Verletzungen, deutlich weniger gebrochene Stiele und die Entfernung unreifer Beeren sein. Der Abbeereinheit folgt eine inzwischen standardmäßige Rollenbahn, die die Pflanzenreste von den Beeren trennt.

Bei SOCMA, einem der innovativsten Unternehmen der Branche, wurde in diesem Jahr die mit einer Erwähnung ausgezeichnete „Le Cube“ vorgestellt, eine Einrichtung zum Ab­beeren, die mit vibrierenden Fingern arbeitet, die die Trauben schonend im vertikalen Durchgang abbeeren sollen. Der Cube ist mit einem Vibrationstisch und der Viniclean kombiniert, einer Einrichtung auf der Basis eines Rollentisches, die anschließend die Rappen von den Beeren trennt.

Innerhalb weniger Jahre hat sich die Technologie zur schonenden Abtrennung der Beeren vom Stielgerüst vollkommen verändert. Die Bewährung in der breiten Praxis muss aber noch folgen.
 

Kühltunnel

Am Messestand der Firma Serap, einem Spezialisten für Kühlung, der auch vollisolierte Maischegärtanks liefert, war ein Kühltunnel zur Kaltmazeration von Tauben zu sehen, der mit Stickstoff oder Kohlensäure betrieben werden kann. Serap hat das Gerät in Zusammenarbeit mit der Firma Linde entwickelt, die die notwendigen Gase liefert. Ein vergleichbares Gerät hatte Serap bereits vor Jahren in etwas anderer Ausführung für Air ­Liquide gebaut. Die aktuelle Version für Linde wird in den Längen 3 und 6 Metern angeboten, je nach ­gewünschter Leistung. Der Gasverbrauch soll bei der Kühlung mit dem effektiveren Stickstoff bei ungefähr 70 bis 120kg pro Tonne liegen.
 

Pressen 

Weinpressen waren in Montpellier breit vertreten. Der Markt für Weinpressen ist in den letzten Jahren durch die ständig rückläufige Anzahl der Betriebe schwieriger geworden. Deshalb versuchen viele Hersteller ihre Produkte durch zusätzliche technische Details vom Wettbewerb abzugrenzen. Solch ein Merkmal ist die Inertgasüberlagerung, die vor Jahren erstmals von Bucher Vaslin vorgestellt wurde. Über die önologische Notwendigkeit lässt sich trefflich streiten. Nachgewiesen ist der qualitätsfördernde Einfluss des reduktiven Ausbaus derzeit nur für den Sauvignon Blanc, eventuell noch für Scheurebe. In Ländern mit geringerem aromatischen Potenzial, kurzer Reifephase und damit verbunden, frühzeitiger Zuckerreife und hohen pH-Werten, kann eine reduktive Mostbehandlung aber auch für andere Rebsorten durchaus Sinn machen. Wichtiger als diese önologische Betrachtung ist für die Anbieter aber, dass sie mit der neuen Technologie als Türöffner bei Ausschreibungen berücksichtigt zu werden, weil am Ende oft doch eine normale Membranpresse gekauft wird.
 

SB-Hefe

Nur wenige Anbieter von Hefen und Behandlungsstoffen hatten sich in Montpellier eingefunden. Den ­Wenigen wurde aber die ganze Aufmerksamkeit des interessierten Publikums zuteil. Dazu gehörte das Institut Oenologique De Champagne aus Epernay, das seine neue Sauvignon-Hefe mit dem wohlklingenden Namen „Revelation Thiols“ vorstellte. Die Hefe soll vor allem den zweiten Schritt zum Hexyl-Acetat besonders gut umsetzen. Die gereichten Proben aus den Versuchen mit 2011er Weinen konnten überzeugen. Bei einigen gereichten Roséweinen, die ebenfalls Thiole als Aromen aufweisen, war es dann des Guten doch etwas zuviel, zeigt aber, dass die Hefe durchaus Potenzial hat.
 

Rotweinbereitung

Im Bereich der Rotweinbereitung war ein breites Angebot vorhanden. Für den deutschen Berichterstatter überraschend zeigte Speidel am Stand von AMOS-Industrie einen konischen Maischegärbehälter aus neuester Produktion, der in Frankreich immer noch als einer der Standardbehälter gilt. Wegen der großen Kapazitäten werden das Überschwallen beziehungsweise die Remontage in Frankreich weiterhin eine bedeutsame Methode zur Rotweinbereitung nach dem Maischegärverfahren bleiben, auch wenn in einigen Regionen die Maischeerhitzung an Boden gewonnen hat.

Nur wenige Tonnellerien waren nach Montpellier gekommen. An vielen Messeständen war der aktuelle Trend in Richtung großes Holzfass abzulesen, denn meist war neben wenigen Barriques mindestens ein großes Holzfass zu sehen. So hatte Rousseau zwei Holzfässer dabei, die im Inneren ebenfalls getoastet waren. Seguin-Moreau hatte eine breite Palette an Proben mitgebracht, um den Einfluss der Barriques der neuen Serie „Fraicheur“ zu demonstrieren. Die Reihe „Fraicheur“ ist für Weißweine konzipiert und setzt sich aus zwei verschiedenen Holzarten zusammen: der Rumpf aus französischer Eiche, die Böden aus Akazie. Dies vor allem, um die Ellagtannine und Whiskylactone zu reduzieren und auf diese Weise mehr Sortenart zu erhalten. Zudem wird ein spezifisches Toasting eingesetzt, dem eine Heißwasserbehandlung vorausgeht, also im Prinzip das bereits ­bekannte Aquaflex-Verfahren. Die Weißweine sollen dadurch lebendiger und frischer im Charakter bleiben. Wenn sich diese Entwicklung weiter fortsetzt, dann ist das große Holzfass bei den Weißweinen die logische ­Konsequenz.

Die Fässer der Topserie „ICÔNE Elegance“ sind das Ergebnis einer ­Selektion der Hölzer nach chemischer Analyse, wobei die besonders aromatischen Dauben für die neue Serie ­verwendet werden. Dies soll bei Rotweinen zu mehr Fülle und Struktur der Weine beitragen, ohne die Frucht zu reduzieren. Diese Barriques sollen sich besonders gut für die Rebsorten Cabernet Sauvignon, Cabernet Franc, Merlot, Syrah, Temperanillo und Malbec eignen.

Auch die Maischegärung im Barrique bleibt ein Thema. Viele Fässer im Bereich von 500 bis 600 Litern waren für die Maischegärung auf Rollen gelagert und mit einem Einfülldom versehen. Inzwischen werden bereits Siebvorrichtungen zum Abziehen des Weines angeboten. Die beherzten ­Lösungen für diese Verfahrensweise waren bei CMFP, einem kleineren Anbieter von Kunststoffprodukten aus dem Maconnais, zu sehen, die die Barriques aufgeschnitten und mit Kunststoffdeckeln versehen hatten und sich auch nicht scheuten, einen klassischen Betonmischer für dieses Ver­fahren anzubieten. Die Nachfrage besteht scheinbar.

Mehrere Aussteller (beispielsweise www.wine-and-tools.com) hatten Reifetanks aus Kunstsoff für Rotweine mitgebracht, die eine definierte Sauerstoffdurchlässigkeit aufweisen und in der Kombination mit Staves besonders schöne Ergebnisse liefern sollen. Ob diese Methode durchsetzen wird, ist zweifelhaft, da für den Behälter und die Hölzer doch sehr ordentliche Preise gefordert werden.
 

Bag-in-Box

Einen weiteren Schwerpunkt hinsichtlich der Anzahl der Aussteller hatte die Sitevi im Bereich der Abfüllung von BIB-Verpackungen. Selten sieht man ein so großes Angebot an Füllanlagen und Verpackungslösungen für diesen Bereich, da auch spanische (Cartobol) und portugiesische (Flavourbox) Unternehmen die Reise nach Montpellier nicht scheuten. Smurfit Kappa stellte einen tragbaren 1,5-Liter-Beutel unter der Bezeichnung „Pouch-up“ vor, der sich durch drei Löcher im oberen Bereich leicht greifen und unkompliziert zu jeder Gelegenheit mitbringen lässt.
Fazit
Die „SITEVI 2011“ war einmal mehr eine innovative Messe, die die Fortentwicklung der weinbaulichen Technik aufzeigte. Doch auch in kellerwirtschaftlicher Hinsicht hat sich der Weg nach Montpellier gelohnt, weil die Messe in der Traubenverarbeitung oft neue Entwicklungen aufzeigen kann.
 

Medium

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