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Beregnung & Bewässerung, 07.08.2012

BEWÄSSERUNGSSTEUERUNG IM WEINBAU

Der Klimawandel hat auch Auswirkungen auf den Weinbau. In österreichischen Weinbaugebieten ist ein zeitweise auftretender Wasserstress bei Reben keine Seltenheit mehr.
Der Klimawandel hat auch Auswirkungen auf den Weinbau. In österreichischen Weinbaugebieten ist ein zeitweise auftretender Wasserstress bei Reben keine Seltenheit mehr. Mit einer fachgerechten Steuerung der Bewässerung können längere Trockenstresssituationen im Weingarten vermieden werden.
 
Aufgrund des Klimawandels wird auch der Weinbau in Österreich vor bewässerungstechnische Herausforderungen gestellt. Nach den aktuellen meteorologischen Studien werden durch eine Klimaveränderung die Wetterextreme häufiger, das heißt, die Niederschlagsintensität, die Dauer von Trockenperioden und die Temperaturen nehmen zu.
 

Auf das richtige Maß kommt es an

Aber auch ohne das Szenario eines Klimawandels haben laut Witterungsstatistiken die trockenen Sommer seit den 1990er-Jahren zugenommen. Der zeitweilige Wassermangel in den österreichischen Weingärten ist also keine Seltenheit mehr. Eine Klimaverschiebung in Richtung höhere Temperaturen wirkt sich durch eine gesteigerte Wasserverdunstungsrate und somit reduzierte Wasserverfügbarkeit im Boden aus. In der Folge sind die Reben suboptimal mit ­Wasser versorgt – sie leiden unter Trockenstress. Bereits vor vier Jahrzehnten durchgeführte Versuche zur Physiologie der Rebe haben belegt, wie wichtig die richtige Wasserversorgung in den verschiedenen Wachstumsphasen ist. Einerseits ist aus der Ertragsphysiologie bekannt, dass ein großes Wasserangebot in den Wochen nach dem Blütestadium die Zellbildung in den Beeren forciert. Durch dieses angeregte Beerenwachstum werden große Beeren bzw. schwere Trauben gebildet, die wiederum zu einem hohen Ernteertrag im Weingarten führen. Anderseits gleichermaßen bekannt sind die negativen Auswirkungen einer zu großen Bodenfeuchtigkeit kurz vor der Wein­lese. Aus den damaligen Untersuchungen ging eindeutig hervor, dass ein genügendes Wasserangebot zum richtigen Zeitpunkt sowohl auf das Wachstum der Reben als auch auf die Qualität des Weines einen Einfluss ausübt. Um auch zukünftig die hohen Ertrags- und Qualitätsan­sprüche im österreichischen Weinbau erfüllen zu können, wird im ­Hinblick auf die sich ändernden Produktionsbedingungen eine Zusatzbewässerung, ihre Steuerung und in ­weiterer Folge auch deren Automatisierung (siehe Infokasten) zunehmend in den Blickpunkt der Winzer rücken.
 

Das Bodenwasserpotenzial

Das Wasserspeichervermögen im Boden ist nicht nur von der Bodenart abhängig, sondern kann auch von Standort zu Standort sehr unterschiedlich sein. Generell gilt, dass das Wasser im Boden umso stärker festgehalten wird, je kleiner der Durchmesser der Wasser führenden Bodenporen ist. Als Extremwerte hierfür gelten zwei Porendurchmesser, nämlich 50 µm (Mikrometer) und 0,2 µm: Einerseits fließt das Bodenwasser bei einem Durchmesser von größer 50 µm ab (Schwerkraft), andererseits ist es bei einem Durchmesser von kleiner 0,2 µm nicht mehr rebverfügbar (Kapillarkraft). Den Bereich zwischen den beiden Porendurch­messern bildet die nutzbare Wasserkapazität für die Reben. Zur Be­schreibung der Verfügbarkeit des Boden­wassers wird die physikalische Größe Saugspannung (Einheit: Pascal, Pa) verwendet. Sie wird als nega­tiver Druck angegeben und nimmt Werte zwischen –100 und –16.000 hPa (Hektopascal) an. Wichtig also für die Wasser­aufnahme im Boden durch die Rebwurzeln ist neben dem Wasservorrat im Boden auch die Saugspannung, die von den Wurzeln aufgebracht werden muss. Bei einem Überschreiten des Bodenwasser­potenzials, das heißt der Bindungskraft des Wassers im Boden, von –16.000 hPa ist die Saugspannung für die Aufnahme nicht mehr aus­reichend – der Welkepunkt (WP) der Reben ist erreicht. Im Rahmen von experimentellen Untersuchungen konnte jedoch gezeigt werden, dass Reben bereits ab einem Bodenwasserpotenzial von –2.500 hPa einen Trockenstress haben. Dieses als Bewässerungsschwellenwert bezeichnete Potenzial sollte nicht überschritten werden. Hinsichtlich der Erfassung des Wasserpotenzials im Boden ­stehen verschiedene Messgeräte zur Verfügung.
 

Messgeräte für die Bodenfeuchtigkeit

Die Bestimmung der Bodenfeuchtigkeit im Weingarten kann mit verschiedenen Messgeräten durchgeführt werden; wichtig ist deren Eignung für die Praxis. Ein praxistaugliches Messsystem sollte den Anforderungen große Messgenauigkeit, hohe Zuverlässigkeit, einfache Dateninterpretation, geringer Wartungsaufwand, gute Integrierbarkeit im ­Betrieb sowie niedrige Kosten gerecht werden. Im Folgenden werden die wichtigsten Messgeräte angeführt:
  • Scholander-Bombe: Mit der Scholander-Bombe wird die Wasser­spannung in der Rebe, das heißt das Potenzial des Wasserstromes (Blattwasserpotenzial), vor Sonnenaufgang gemessen. Sie ist derzeit das einzige Messinstrument, das aufgrund seiner Messgenauigkeit eine sichere Bewertung der Wasserversorgung im gesamten Wurzelraum der Rebe zulässt. Es kann dadurch auch mit großer Wahrscheinlichkeit auf Trockenstress­situationen geschlossen werden.
  • Gipsblock-Sensor: Für die Messung der Saugspannung im Boden – diese ist unabhängig von der Bodenart – wurde der Gipsblock-Sensor ­entwickelt. Der Sensor, bestehend aus zwei Elektroden in einer Gips-Matrix, misst den Widerstand, der dem Wechselstrom je nach Bodenfeuchtigkeit entgegengesetzt wird. Danach werden die Widerstands­werte in Saugspannungswerte umgerechnet, wobei sich ein Messbereich ­zwischen –500 und –16.000 hPa Saugspannung ergibt.
  • Watermark-Sensor: Nach dem gleichen Messprinzip (Saugspannungsmessung) wie der Gipsblock-Sensor funktioniert der Watermark-Sensor, indem er die von der Bodenfeuchtigkeit abhängige Leitfähigkeit detektiert. Allerdings fließt bei diesem Sensor-Typ der Wechselstrom durch eine spezielle Matrix (gips­getränkte Gewebeschichten), und der Messbereich ist mit 0 bis –2.000 hPa Saugspannung kleiner.
  • FDR-, TDR-Sensor: Der FDR-Sensor (= Frequent-Domain-Refletrometry-Sensor) erfasst wie der TDR-Sensor (= Time-Domain-Refletro­metry-Sensor) den volumetrischen Bodenwassergehalt. Da mit dieser Sensortechnik der Wassergehalt eines bestimmten Bodenvolumens gemessen wird, gibt es keine Informationen über die Bindungskraft des Wassers im Boden. Das elektronische Messverfahren beruht darauf, dass ein vom Sensor ausgesendetes elektromagnetisches Signal je nach vorhandener Bodenfeuchtigkeit in seiner Frequenz (FDR-Sensor) oder in seiner Laufzeit (TDR-Sensor) variiert wird. Anschließend erfolgt vom Auswertegerät die Umrechnung dieser Variationen in Volumenprozent Wasser (Messbereich 0 bis 100 %Vol.).
  • Wetterstation: Bei Vorhandensein einer betriebseigenen Wetter­station kann die klimatische Bodenwasserbilanz errechnet und als Zusatzmessgröße bei der Bewässerung der Reben berücksichtigt werden. Dem Rechenverfahren liegt eine Saldierung der Wasserzufuhr (Niederschläge, Beregnung) und der Wasserverluste (Evapotranspiration) zugrunde. Im Falle eines Wasserdefizits (Verdunstung > Niederschlag) kann die fehlende Wassermenge durch das Bewässerungssystem zugeführt werden. Darüber hinaus kann eine Wetter­station noch weitere wichtige Informationen betreffend Wachstumsbedingungen (Temperatur, Strahlung) und Infektionsbedingungen (Schadpilze) liefern.

Bodenfeuchtigkeitsmessung mit Watermark-Sensoren

In der Praxis stellt die Erfassung des Wasserversorgungsstatus der Reben mittels Watermark-Sensoren ein gängiges Messverfahren dar. Laut Fach­literatur sind Watermark-Sensoren ein geeignetes Instrumentarium in Sachen Bewässerungssteuerung im Weinbau. Vor diesem Hintergrund wurde am LFZ Klosterneuburg (Versuchsgut Agneshof) durch zahlreiche Messungen die Praxistauglichkeit dieser Sensoren überprüft. Zunächst erfolgte die fachgerechte Installation der Watermark-Sensoren (Einschlämmung im Boden). Gleich im Anschluss daran kam es zur Errichtung der Feldmess-Stationen für die Funkübertragung der Messdaten. Zum Schluss wurden die erfassten und gespeicherten Daten ausgewertet und auf ihre Genauigkeit und Zuverlässigkeit hin interpretiert. Im Zuge dieser Auswertung wurden die Bodenfeuchtigkeitsdaten mit den von einer angrenzenden Wetterstation gemessenen Niederschlagsdaten verglichen. Aus den erhaltenen Ergebnissen lässt sich eindeutig der Schluss ziehen, dass die Watermark-Sensoren für den Einsatz im praktischen Weinbau nur bedingt tauglich sind. So wurden einerseits zum Teil Saugspannungs-Werte in dem für Bewässerungsfragen interessanten Messbereich zwischen –200 und –2.000 hPa detektiert, welche in einem Widerspruch zu den ­realen Niederschlagsdaten standen. Und andererseits zeigten die Watermark-Sensoren im Vergleich untereinander hin und wieder relativ große Messwertabweichungen an. Es kann konstatiert werden, dass sowohl die Messgenauigkeit als auch die Messzuverlässigkeit bei Watermark-Sensoren eingeschränkt ist; die erhaltenen Messdaten lagen fallweise weit außerhalb des Toleranzbereichs.
 

Vergleich der wichtigsten Bodenfeuchtigkeitsmessgeräte

Wie oben bereits angeführt, unterscheiden sich die einzelnen Verfahren und Geräte zur Messung der Bodenfeuchtigkeit im Weingarten in ihrer Funktionsweise und ihrem Messbereich. Darüber hinaus können die Messgeräte noch durch eine Reihe weiterer Merkmale charakterisiert werden, vor allem hinsichtlich ihrer Tauglichkeit in der Weinbaupraxis. Eine diesbezüglich vergleichende Bewertung der wichtigsten Bodenfeuchtigkeitsmessgeräte unter Einbeziehung von Fachliteratur-Daten ist in Tabelle 1 wiedergegeben.
 

Resümee

Eine Quantifizierung und Über­wachung der Wasserverfügbarkeit im Boden sind für den Erfolg im Wein­garten unerlässlich. Im Zuge des Klima­wandels wird mit zunehmender Trockenheit die Bewässerungswürdigkeit im österreichischen Weinbau steigen und dieser Umstand eine fachgerechte Installation von Zusatzbewässerungsanlagen in vielen Weinbaubetrieben erforderlich machen. Aus der Erfolgsformel für die zusätzliche Bewässerung – „so viel Wasser wie nötig, so wenig Wasser wie möglich“ – geht hervor, dass diese genau gesteuert werden muss. Mit den geeigneten Messgeräten kann die Bodenfeuchtigkeit erfasst und zur Bewässerungssteuerung herangezogen werden. Wichtig erscheint in diesem Zu­sammenhang, dass die erhaltenen Messdaten der ­jeweiligen Geräte auch die realen Wasserverhältnisse im Boden abbilden. Dass dies nicht immer so ist, zeigte sich beim Einsatz von Water­mark-Sensoren. Zum Teil waren mit diesen Sensoren keine aussagekräftigen Messungen möglich. Zur Erfassung von physikalischen Größen in der Umwelt wird auch zukünftig die Messtechnik noch gefordert sein. In diesem Sinn passt auch der berühmte Satz von Galileo Galilei, welcher ­lautet: „Messen, was messbar ist, messbar machen, was noch nicht messbar ist.“
 

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