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Zubehör, 19.07.2012

LAGERTECHNIK IM WEINBAUBETRIEB

Lager sorgen für den zeitlichen und mengenmäßigen Güterausgleich zwischen Angebot und Nachfrage.
Lager sorgen für den zeitlichen und mengenmäßigen Güterausgleich zwischen Angebot und Nachfrage. Damit stellen sie auch im Weinbaubetrieb einen unvermeidbaren Puffer dar. Aus logistischer Sicht sollen die Lager so geplant werden, dass die Bereitstellung von Lagergütern zu optimalen Platzkosten jederzeit gewährleistet ist.
Ein Lager gliedert sich in ein ­administratives (regelndes), dispositives (planendes) und technisches System. Zu Letzterem ge­hören neben den Fördereinrichtungen auch die Lagermittel. Im Betriebsgeschehen sind Lager notwendig; sie ließen sich nur dann abschaffen, wenn die Wertschöpfungskette eine grundlegende Veränderung erfahren würde. Aufgrund technischer Restriktionen bzw. wirtschaftlicher Bedingungen ist das im Weinbau jedoch nicht möglich.

Zu den Aufgaben eines Lagers ­zählen:
  • der Ausgleich von unterschied­lichen Liefer- und Verbrauchs­geschwindigkeiten
  • der Ausgleich von unterschied­lichen Liefer- und Verbrauchsmengen
  • der Ausgleich von Liefer- und Nachfrageschwankungen
  • die Sicherung schneller Liefer­fähigkeit
  • die Reifung
  • die Spekulation
 
edes Lager enthält einerseits den eigentlichen Lagerbereich mit Lager-, Bedien- und Kommissionierzone und andererseits eine Vorzone mit Wareneingang bzw. -ausgang. Die Funktion der Lagerzone besteht in der Aufbewahrung der Güter, z. B. in Regalen. Innerhalb der Bedienzone befinden sich die Lagerbediengeräte wie beispielsweise ein Stapler, und in der Kommissionierzone werden die unterschiedlichen Güter – im Falle eines Weinbaubetriebes die Weine – für einen Kundenauftrag zusammengestellt.

Als Schnittstelle des Lagers zum außerbetrieblichen Bereich (Lieferanten, Kunden) fungiert der Güterein- und -ausgang. Die Aufgaben:
  • Identifikation der Lagergüter
  • Aufnahme der eingelagerten ­Güter
  • Zuordnung des Lagerplatzes
  • Kontrolle der Lagergüter (z. B. Qualitätskontrolle)
  • Bereitstellung der Versandgüter und deren Abbuchung vom Lagerbestand
Um das gebundene Kapital und die Zinskosten für Lager niedrig zu halten, können Rationalisierungsmaßnahmen und Kosteneinsparungen durch Prozessveränderungen bei der Produktion und/oder Logistik herbeigeführt werden. Insbesondere die Automatisierung und damit die optimale Steuerung des gesamten Lagersystems rechtfertigen Investitionen in der Lagertechnik.
 

Lagerungsmöglichkeiten

Ausgangsbasis für die Wahl der Lagerung bilden die Art, Menge und Größe des Lagergutes sowie eventuell der gewünschte Automatisierungsgrad. Es steht heute aufgrund der unterschiedlichen Ausprägungen der Lagersystemelemente eine kombinatorische Vielfalt an Lagerungsmöglichkeiten zur Verfügung. In der weinwirtschaftlichen Realität haben sich jedoch bestimmte Vorzugslösungen herauskristallisiert. Die typischen ­Lagerungen in der Weinwirtschaft werden im Folgenden vorgestellt:

Zeilen- und Blocklager 
Charakteristisch für das Zeilenlager ist, dass zwischen den Lagergütern ein Gang frei bleibt, wodurch für die Lagerbediengeräte zu jedem Lagerfach ein direkter Zugriff möglich ist. Im Unterschied dazu sind beim Block­lager die Güter eng neben- oder auf­einander gelagert, sodass nicht mehr auf jedes einzelne Stückgut direkt ­zugegriffen werden kann. Als Vorteil des Blocklagers erweist sich die sehr gute Ausnutzung des vorhandenen Lagerplatzes; nachteilig ist, dass die Zugriffszeiten lang sein können, vor ­allem wenn ein Umstapeln erforderlich wird. Deshalb eignen sich Blocklager einerseits für „sortenreine“ ­Lager (beliebiger Stückgutzugriff) und andererseits für „Langzeit“-Lager ­(seltener Stückgutzugriff, eine Um­stapelung wird akzeptiert).

Bodenlager 
Die Güter, das sind bei dieser Lagerungsart Kartons, Behälter, Säcke, leere und beladene Paletten usw., werden auf dem Boden abgesetzt. Für die bestmögliche Nutzung der Fläche werden die Lagergüter in Form eines Blockes oder einer Zeile gestapelt.

Großgutlager 
Ebenfalls am Boden gelagert werden sehr große und schwere Güter wie z. B. Container. Damit das Lagergut problemlos mit einem Kran bewegt werden kann, wählt man lagerorganisatorisch den ungestapelten Block. Sofern es sich um witterungsbeständiges Stückgut (z. B. Betonsteher) ­handelt, kann auch das Freie als Lager gewählt werden.

Leergutlager 
Keine besonderen Voraussetzungen sind für die Lagerung von Leergut, beispielsweise leeren Flaschen, erforderlich. Die möglichst einfache Leergutlagerung kann im Freien, als Block oder als Stapelung im Gestell erfolgen. Für die Errichtung des Lagers auf Betriebsfreiflächen ist unter Umständen der Boden einzuebnen und mit einer staubfreien Schicht zu versehen.

Palettenlager 
Das konventionelle Palettenlager im bestehenden Wirtschaftsgebäude setzt sich aus Standard-Bauelementen, zum Beispiel Euro-Paletten mit der genormten Größe 80 x 120cm, zusammen. Diese Förderhilfsmittel sind wegen der Massenproduktion und des geringen Materialeinsatzes besonders kostengünstig. Um ein direktes Zugreifen auf jedes Lagerfach zu ermöglichen, wird in ­Zeilen gelagert bzw. im Regal gestapelt; ­bestimmend für die Gangbreite ist das Lagerbedien­gerät.

Regallager 
Mit Abstand das am häufigsten verwendete Lagermittel sind die Regale. Die Lagerung erfolgt in Regalfächern, welche sich aus den einzelnen Regalen zusammensetzen. Von der Konstruktion her können die statische Lagerung (feststehende Regale) und die dynamische Lagerung (bewegte Regale) unterschieden werden. Der Ein- und Auslagervorgang kann manuell oder teil- bzw. vollautomatisiert mittels Lagerbediengeräte geschehen. Besteht die logistische Aufgabe der Lagerung eines großen Sortiments von Gütern, jedoch mit einer jeweils geringen Stückgutzahl, so wie es beispielsweise in der Getränkeindustrie vorkommt, dann bietet die dynamische Lagerung in Form von Verschieberegalen (Längs- oder Querverschiebung auf Schienen), Umlaufregalen(horizontaler oder vertikaler Umlauf) oder Durchlaufregalen (Ein- und Auslagerung auf den entgegengesetzten Regalseiten) eine Lösung. Hingegen wird die Lagerung von kleinen Gütern in Kartons oder auf Paletten usw. durch feststehende Regale der unterschiedlichsten Bauart und Größe ermöglicht. Aus der Vielzahl der angebotenen Regallagerausführungen spielt noch das Hochregallager eine wichtige Rolle. Es dient der Lagerung großer Stückgutzahlen von standardisierten Behälter und Paletten und kann entweder in bestehende Wirtschaftsgebäude integriert werden oder als eigenständiges Einzweck-Gebäude ausgeführt sein. Mit dem Hochregal steht dem Winzer ein ­leistungsoptimiertes Lagersystem zur Verfügung, bei dem die Volumen­nutzung und Umschlagleistung eine Maximierung erfahren haben.

Kleinteilelager 
In einfacher oder automatisierter Ausführung wird diese Möglichkeit zur Lagerung von Kleinteilen, welche in Behältern, Schubladen etc. unter­gebracht sind, eingesetzt. Beim ein­fachen Kleinteillager mit manueller Bedienung haben die Geometrie und Verpackung der Lagergüter nur eine geringe Relevanz; deshalb können hier Fachbodenregale verwendet werden. Auf den durchgängigen Flächen der Fachböden werden die Lagergüter deponiert. Ein typisches Beispiel für ein solches Lager wäre die Reparaturwerkstatt im Weinbaubetrieb. Im Unterschied zum einfachen Klein­teilelager wird beim automatischen das Stückgut in Einplatzregalen abgestellt. Von dort können sie dann vollautomatisch mithilfe der Regalbediengeräte entnommen bzw. wieder zurückgebracht werden.

Regalbediengeräte
Als Systemkomponente der Lagertechnik kommt den Regalbediengeräten ein wesentlicher Stellenwert zu. Gerätetechnisch können sie durch verschiedene Kenngrößen beschrieben werden, nämlich durch:
  • die Nenn-Tragfähigkeit
  • die erforderliche Gangbreite
  • die maximale Hubhöhe
  • die Fahrbeschleunigung
  • die Fahr- und Hubgeschwindigkeit
  • den Wenderadius
In Abhängigkeit vom Bautyp – schienengebunden oder auf dem ­Boden fahrend – und vom jeweiligen Regallager, in dem sie fahren, nehmen diese Kennwerte unterschiedliche Größen an. Die schienengeführten Regal­bediengeräte, durch Spurkränze oder Seitenrollen geführt, fahren mit zwei Rädern auf einer Bodenschiene. Angetrieben von geregelten Motoren, transportieren sie die Behälter oder Paletten zu den jeweiligen Positionen. Ein am Gerät bewegbarer Hubwagen (Seil- oder Kettenhubwerk) mit Tele­skop-Tisch ermöglicht die Bedienung der auf beiden Seiten des Ganges ­gelegenen Regalfächer. Aufgrund der Schienenführung ergeben sich bei ­dieser Art von Regalbediengeräten die Vorteile einer hohen Raumnutzung durch schmale Gänge (ca. 1,45m), eines schnellen Handlings sowie eines fahrerlosen Betriebes.

Im Unterschied dazu können Stapler frei auf dem Lagerboden fahren und werden vor den Regalen von ­Fahrern gesteuert. Es gibt eine große Angebotspalette an Staplern, vom einfachen Hubwagen über diverse Son­derkonstruktionen bis hin zum Hochregalstapler (mehr zu diesem Thema in der Der Winzer 04/2012).

Strategien der Lagerung
Zusammen mit der Lagertechnik sorgen die Lagerstrategien für den ­optimalen Funktionsablauf im Lager. Dazu gehören:
die Leistungsfähigkeit (Raumnutzung und Umschlagleistung) des Lagers
die Zugriffssicherheit auf die Lagergüter
die Lagerplatzvergabe
Eine Optimierung der Lagerplatznutzung kann durch unterschiedliche Strategien realisiert werden.

Chaotische Lagerung 
Die chaotische Lagerung weist den größten Nutzungsgrad bezüglich Lagerkapazität auf. Hierbei erfolgt die Lagerung der verschiedenen Güter in beliebiger Reihenfolge. Nach den logistischen Kriterien Raumnutzung und Umschlaghäufigkeit erfolgt die Zuordnung der freien Lagerplätze, das heißt, dass beispielsweise Lagergüter mit größerer Umschlaghäufigkeit im vorderen Lagerbereich abgestellt werden. Als Voraussetzung für das Wiederauffinden der Güter gilt eine genaue Registrierung des jeweiligen Lagerplatzes.

Sortenreine Lagerung 
Gegenüber dieser Lagerstrategie macht die sortenreine Lagerung eine feste Platzvergabe, also auch das Vorhandensein von Reserveplätzen, erforderlich. In diesen Lagern werden die Güter nach sachlichen Gesichtspunkten eingelagert, weshalb auch ohne zusätzliche Hilfsmittel wie Dateien oder Listen jederzeit wieder auf sie zugegriffen werden kann.

Regalfachklassen 
Das Lagern mit fester Platzvergabe kann betreffend Flexibilität der Nutzung noch gesteigert werden, indem eine Einteilung der Regalfächer nach ihrer Größe in sogenannte Regalfachklassen vorgenommen wird. Je nach Abmessungen der Lagergüter werden diese zu den kleinstmöglichen ver­fügbaren Regalfächern, also der entsprechenden Regalfachklasse zugeordnet. Bei konstantem Lagervolumen nimmt dadurch die Anzahl der Regalfächer zu.

Querschnitteinlagerung 
Für eine Erhöhung der Zugriffs­sicherheit kann die Querschnittein­lagerung angewandt werden. Dahinter steckt die Strategie, mehrere Behälter mit gleichem Produktinhalt in verschiedene Regalgänge abzustellen, um auch bei Ausfall von Teilen der Fördertechnik (Regalbediengerät) die Güter verfügbar zu haben.

Schließlich lässt sich durch die Einführung einer Lagerzonierung auch die Umschlagleistung vergrößern. Das Kalkül bei dieser Lagerstrategie ist, dass oftmals ein- bzw. ausgelagerte Güter in einer vorne gelegenen Zone deponiert werden.

Lagerplanung
Um den Anforderungen einer effizienten Lagerung gerecht zu werden, bedarf es neben den steuernden und ausführenden vor allem auch der planenden Maßnahmen bzw. Instrumente. Bevor ein Lager überhaupt geplant wird, sollte zunächst der gesamte Logistikprozess im Weinunternehmen analysiert werden.

Danach gilt es, in einem weiteren Schritt die Grundinformationen zu ermitteln. In diesem Informationspaket sollten folgende Punkte enthalten sein:
  • die Art der Lagergüter und einzulagernden Behälter
  • die Menge der einzulagernden Behälter
  • die Umschlagleistung
  • die Frage, ob das Lagervolumen und der Lagerumschlag saisonabhängig sind
Aus dem ersten Punkt ergibt sich die Art des Lagers, aus dem zweiten Punkt die Anzahl der Lagerplätze sowie die Größe des Lagers, aus dem dritten Punkt die Anzahl der Lagerbediengeräte bzw. Lagergänge und mithilfe des vierten Punktes lässt sich die Durchschnitts-, aber auch die Spitzenbelastung relativ genau abschätzen.

Ideal-, Real- oder Detailplanung 
Als nächsten Planungsschritt können im Zuge einer Idealplanung Alternativen zum beabsichtigten Lagermodell konzipiert und bewertet werden.

Die ausgewählten alternativen Lagersysteme finden anschließend auch Eingang in die Realplanung, welche die Abklärung der wichtigsten Randbedingungen von Raum und Gebäude beinhaltet. Dazu zählen unter anderem die verfügbare Grundfläche und die mögliche Regalhöhe. Eine Frage, die sich in dieser realplanerischen Phase für den Winzer stellt, könnte lauten: Soll ein neues wandtragendes Lager errichtet werden oder soll das Lager in ein bestehendes Wirtschaftsgebäude eingebaut werden? Aus der Beantwortung derartiger Planungs­fragen ergeben sich die Konsequenzen für die Dimensionen des Lagers.

Den letzten Schritt bei der Lagerplanung bildet die Detailplanung; hierbei gilt es, das geplante Lager zu optimieren. Innerhalb dieser Konkretisierungsphase werden unterschiedliche Themen wie die Höhenverteilung der Behälter für die Auslegung der Regalfachklassen oder die Umschlaghäufigkeit der Güter für die Auslegung bzw. Simulierung der Lagerzonierung diskutiert. Abschließend kann die fertige Detailplanung potenziellen Produzenten oder Lieferanten von Lager­einrichtungen übergeben werden. Die von den Lageranbietern erstellten ­Angebote sollten neben den dokumentierten Planungsergebnissen die Leistungsdaten, Preise und Zahlungsbedingungen enthalten.

Fazit
Die Lagertechnik ist Teil der modernen Produktionsgesellschaft und Managementaufgabe in jedem Unternehmen. Sie ermöglicht die Aufnahme, Aufbewahrung und Abgabe von Gütern in einem Lager. Zur Gestaltung und Steuerung eines Lagers werden die Methoden branchenspezifisch eingesetzt, wobei ein sinnvoller Einsatz von den jeweiligen Rahmenbedingungen wie Anzahl der Lager­güter oder Prognosefähigkeit betreffend der Nachfrage abhängt. Das Ziel der Lagertechnik ist die sichere Bereitstellung von Gütern zu optimalen Kosten und Beständen.

Für die Weinbaubranche bedeutet das, den Markt mit der richtigen Menge, den richtigen Weinen, am richtigen Ort, zum richtigen Zeitpunkt, in der richtigen Qualität und zu den richtigen Kosten versorgen zu können. In der weinbaulichen Realität sind Lager also notwendig, auch wenn die Lagereinrichtungen Platz kosten und Werte im Anlagevermögen binden. Nach einer Faustregel summieren sich die jähr­lichen Lagerkosten auf ungefähr 25% des Wertes der Lagerbestände. Da die Lagerung als Querschnittsfunktion das gesamte Unternehmen betrifft, müssen auch die wichtigsten Wechselwirkungen zu anderen Unternehmensteilen seitens des Winzers berücksichtigt werden.

Medium

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