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Ausdünnmaschinen, 11.03.2012

BEHANGSREGULIERUNG DURCH BESCHATTUNG BEI APFELBÄUMEN (II)

Insgesamt hat die Forschungsanstalt Agroscope Changins-Wädenswil ACW bereits sechs Jahre lang Versuche über die Ausdünnwirkung der Beschattung durchgeführt.
Dabei zeigte sich, dass eine zeitlich begrenzte, richtig dosierte Beschattung der Apfelbäume nach der Blüte zu einem optimalen Fruchtbehang führt, der mit der standardisierten chemischen Ausdünnung in der integrierten Produktion vergleichbar ist (vgl. SZOW4/2010). In diesem zweiten Teil stellen wir die Berechnungen zur Wirtschaftlichkeit und Durchführung dieser Methode vor. Hier zeigt sich, dass die Beschattung zwar zurzeit keine Alternative zur Fruchtausdünnung im IP-Anbau darstellt, wohl aber im Bio-Anbau oder bei Mangel an Ausdünnmitteln interessant sein könnte.
In der Praxis ist bei allen Massnahmen die Frage der Wirtschaftlichkeit von grosser Bedeutung, so auch bei der Beschattung. Für die betriebswirtschaftliche Evaluation der Beschattung als Ausdünnungsmethode wurde diese mit folgenden drei Methoden verglichen:
  • Praxisübliche chemische Ausdünnung
  • Handausdünnung zur Blütezeit
  • Mechanische Ausdünnung mit dem Fadengerät
Die chemische Ausdünnung wird vor allem in der integrierten Produktion (IP) durchgeführt, während die Handausdünnung zur Blütezeit und die mechanische Ausdünnung in der biologischen Produktion verwendet wird.

 

EINHEITLICHE BERECHNUNGSGRUNDLAGEN

Um die Kosten vergleichen zu können, wurden folgende Basiswerte verwendet: Eine Apfelanlage hat eine Bruttofläche von einer Hektare.Die Nettofläche beträgt 21 Reihen mit einer Reihenlänge von 110m mit einem Reihenabstand von 3.5m und einer Pflanzweite von 1.1m. Die 3 m breiten Beschattungsmatten können 15 Jahre lang verwendet werden. Bei jeder Variante wurde zusätzlich eine Handausdünnung nach dem Junifruchtfall durchgeführt. Die verschiedenen Ausdünnungsstrategien führen aufgrund der Handausdünnung nach dem Junifruchtfall zu einem optimalen Behang und guter Fruchtqualität. Die Beschattung wird mit zwei Personen mithilfe einer Hebebühne durchgeführt (siehe Abb. oben). Die Arbeitskosten wurden für den Betriebsleiter mit 35 Fr./h, für Familienmitglieder mit 24 Fr./h und für externe Arbeitskräfte mit 21 Fr./h veranschlagt.


 

UNTERSCHIEDLICHE AUFWÄNDE

  • Um die Beschattungsmatten auf einer Hektare zu installieren, werden 52 Stunden benötigt. Rechnet man mit durchschnittlichen Arbeitskosten von knapp 27 Fr./h, ergeben sich dafür Kosten von zirka 1400 Franken (Abb. 1). Die spezifischen Maschinenkosten für die Hebebühne und den Traktor betragen rund 340 Franken (ART 2009) .Abschreibung und Zinsanspruch der Investitionen belaufen sich auf rund 4200 Franken, wenn Matten für eine Hektare gekauft werden. Die Erstellungskosten für die Beschattung (Material, Arbeit und Maschinen) liegen bei 46 327 Fr./ha (Tab.).
  • Es wird angenommen, dass für die Durchführung der chemischen Ausdünnung eine Stunde pro Hektare benötigt wird. Somit liegen die spezifischen Arbeitskosten bei 35 Fr./ha (Abb. 1), für das Ausdünnmittel wird mit 148 Fr./L gerechnet. Für den Traktor plus Spritze ergeben sich 90 Fr./ha (AGRIDEA 2009).
  • Die Ausdünnung mit dem Fadengerät dauert pro Hektare zwei Stunden, sodass sich Maschinenkosten von 220 Fr./ha ergeben. Es wird angenommen, dass der Betriebsleiter das Gerät bedient, wodurch Arbeitskosten von 70 Fr./ha entstehen.
  • Für die Handausdünnung zur Blütezeit wird mit 300 Stunden pro Hektare gerechnet. Somit ergeben sich spezifische Arbeitskosten von 8000 Fr./ha.


Abb. 1:Vergleich der Gesamtkosten pro Jahr für verschiedene Ausdünnungsstrategien.
 

RESULTATE AUS DEM VERGLEICH

Vergleicht man die Kosten der verschiedenen Ausdünnungsstrategien miteinander, sind die Ausdünnungsvarianten
mit dem Fadengerät (2957 Fr./ha) und in der chemisch integrierten Produktion die günstigsten Varianten (2940 Fr./ha, Abb. 1). Doppelt so hohe Kosten entstehen, wenn eine Ausdünnung mit Beschattung durchgeführt wird, bei der die Beschattungsmatten zweimal pro Hektare verwendet werden (6532 Fr./ha). Werden die Beschattungsmatten nur einmal pro Hektare verwendet, steigen die Kosten auf 8576 Fr./ha. Die teuerste Ausdünnungsvariante entsteht in der Bio-Produktion, wenn die Handausdünnung während der Blüte erfolgt (10 667 Fr./ha). Bei der Beschattung müssen mit rund 50 Arbeitsstunden mehr für das Installieren und Abhängen der Matten gerechnet werden als in der IP-Ausdünnung und mit dem Fadengerät.
 

VERSCHIEDENE MONTAGEMÖGLICHKEITEN FÜR BESCHATTUNGSMATTEN

Die Beschattungsmatten von Hand in der Anlage zu installieren, ist sehr zeitaufwendig und teuer. Möglicherweise könnte eine Maschine ähnlich wie die Fruitwrap verwendet werden, die normalerweise für Kirschenabdeckungen (Abb. 2) genutzt wird. Getestet wurde die Beschattung mit der Maschine Fruitwrap nicht, da diese zu hoch für Apfelanlagen ist. Laut Aussage der Firma Mollema Mechanisatie in den Niederlanden, die die Fruitwrap herstellt, wäre es jedoch möglich, eine kleinere Maschine zu konstruieren, die für die Beschattungsmontage geeignet wäre. Schätzungen der Firma zufolge würde diese Maschine zirka 9000 Franken kosten. Die Beschattungsmatte wird wie die Plastikfolie zur Kirschenabdeckung auf einer Rolle geliefert. Um die Beschattungsmatte in der Anlage aufzuhängen, muss vorher ein Firstdraht über die Baumreihe gezogen werden. Die Folie beziehungsweise Beschattungsmatte wird mit Plaketten am Draht befestigt. Für diese Arbeit werden drei Personen benötigt: Ein Traktorfahrer, eine Person, die die Matte über den Draht hält und eine dritte Person, die die Matte mit Plaketten am Draht befestigt.


Abb. 2: Befestigung der Folie mit der Maschine Fruitwrap in einer Kirschenanlage. Dieses Gerät könnte auch für die Montage einer Beschattung geeignet sein.

Für das Befestigen der Folie auf beiden Seitenwerden mit drei Personen 30 min für 100 m Reihenlänge (= insgesamt 90 min) benötigt. Um die Folie abzunehmen, werden mit drei Personen 20 min (= insgesamt 60 min) benötigt. Dies ergibt zusammen 150min.
Eine andere Möglichkeit wäre die Montage der Beschattungsmatte mit einer Hebebühne. Diese Methode hat ein Bio-Bauer selbst entwickelt, um die Matten effizient zu installieren. Die Hebebühne kann für viele andere Arbeiten in der Anlage verwendet werden, zum Beispiel für den Schnitt oder die Ernte. Der Arbeitsablauf ist folgender: Als Erstes werden die Kisten, in denen sich die Beschattungsmatten befinden, in die Anlage transportiert. Mit Seilen werden die Matten an der Hebebühne befestigt und damit in die Anlage gezogen. Anschliessend müssen sie per Hand nahe an die Bäume gelegt werden. Nun können die Matten am Draht befestigt werden. Dabei steuert eine Person die Hebebühne, die zweite befestigt die Matte mit Plaketten am Draht.
In diesem Fall sind die Plaketten bereits vorher an der Matte befestigt worden. Als Letztes werden die Matten mit Steinen auf dem Boden fixiert.
Die hierbei verwendete Beschattungsmatte besteht aus einem anderen Material als die von ACW verwendete. Laut Hersteller weisen jedoch beide einen Beschattungsgrad von 74%auf.
Um die Beschattungsmatte in einer 100 m langen Reihe zu installieren und wieder abzuhängen, benötigen zwei Personen 60min (= insgesamt 120min).
 

SCHLUSSFOLGERUNG

Hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit der Ausdünnungsstrategien ist es eindeutig, dass eine Ausdünnung durch Beschattung für die integrierte Produktion zu teuer ist. Auch in der Bio-Produktion stellt sie keine Alternative zum Fadengerät dar, wenn die Anlage für ein solches Gerät geeignet ist. Wenn die Ausdünnung jedoch nur per Hand zur Blütezeit erfolgt, ist die Beschattung eine interessante Alternative. Sind in der Anlage zudem verschiedene Sorten von früh- bis spätblühend angepflanzt, können die Beschattungsmatten öfter als zweimal in einer Anlage verwendet werden. Bei Golden Delicious bietet sich ein Zeitfenster zwischen 19 und 26 Tagen nach Vollblüte für die Beschattung an, sodass auch in diesem Fall die Beschattungsmatten öfter verwendet werden können,was zu einer weiteren Senkung der Kosten
führt. 

Literatur
AGRIDEA: Preiskatalog, Linda, 2009
Forschungsanstalt Agroscope Reckenholz-Tänikon ART: Maschinenkosten
2009, ART-Berichte Nr. 702, Tänikon, 2009
Mollema Mechanisatie, NL: www.modo.nl

Dank
Wir danken den Betriebsleitern der Versuchsbetriebe
Güttingen undWädenswil für die gute Zusammenarbeit
sowie Bruno Eschmann und Christian Vogt für die Demonstration
der Kirschenabdeckung beziehungsweise
Beschattungsmethode.

Autoren
Katharina Kockerols, Albert Widmer, Michael Gölles, Esther Bravin
Agroscope Changins-Wädenswil ACW
albert.widmer@acw.admin.ch

Isafruit
ISAFRUIT ist ein Projekt, finanziert durch die Europäische Kommission unter der thematischen Priorität 5–Lebensmittelqualität
und -sicherheit im 6. Forschungsrahmenprogramm (Vertrag No. FP6-FOOD–CT-2006-016279).
Der Artikel entspricht nicht einer offiziellen Sicht der Europäischen Kommission, sondern allein jener der Autorinnen und Autoren.

Medium

Die Schweizer Zeitschrift für Obst- und Weinbau (SZOW) verbreitet die Forschungsresultate von Agroscope, der deutschsprachigen Forschungsinstitute und der Fachorganisationen im Reb- und Obstbaubereich. Die wissenschaftlichen Artikel behandeln Themen im Bereich Rebbau, Önologie, Obstbau, Obstverarbeitung sowie Lebensmittelqualität und -sicherheit.
Die in deutscher Sprache erscheinende Zeitschrift enthält französischsprachige Zusammenfassungen der Fachbeiträge. Sie erscheint zweimal pro Monat und richtet sich vor allem an Produzenten, Berater, Lehrpersonen, Bibliotheken, Handelsunternehmen sowie interessierte Laien. Herausgeber der SZOW ist der Verein Publikationen Spezialkulturen (VPS) mit Sitz in Wädenswil, Schweiz.
 

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