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Sprühgeräte, 10.03.2012

VERLUSTARM SPRÜHEN - ZEITSPARENDER UND UMWELTFREUNDLICHER PFLANZENSCHUTZ IM OBSTBAU

Die Obstbaubetriebe werden größer, trotzdem bleibt die Zeit für eine erfolgreiche Pflanzenschutzarbeit stets die gleiche. Wer zu lange braucht, der riskiert einen schlechteren Behandlungserfolg und hat höhere Kosten zu tragen. 
Das kurze Zeitfenster kann nur jener Betriebsführer bestmöglich nutzen, der die Pflanzenschutzmittel (PSM) rasch, sicher und umweltfreundlich ausbringt, unabhängig dabei, ob er integriert wirtschaftet oder einen Bio-Betrieb hat. Alle bisherigen Verfahren sind nicht in der Lage, diese Anforderungen unter einen Hut zu bringen, mit dem neuen Verfahren „Verlustarm Sprühen“ ist das möglich.
Siehe auch Liste der "Verlustarm Sprühgeräte"
Siehe auch "Beurteilung der Gebläseluft...."
 

WORIN UNTERSCHEIDET SICH „VERLUSTARM SPRÜHEN“?

Die Ausbringtechnik hängt von der Auswahl der Düsen am Sprühgerät ab. Der Obstbauer kann zwischen Düsen für grobe, feine oder gemischte (grobe und feine) Tropfen wählen.
Die abdriftmindernde Ausbringtechnik mit groben Tropfen hat nur einen umweltfreundlichen Vorteil: sie verursacht weniger Abdrift. Nachteilig sind die höheren Abtropfverluste der Spritzbrühe und vor allem der höhere Zeitaufwand für die Pflanzenschutzarbeit durch höhere Brühemengen.
Die feintropfige Ausbringtechnik hat mehrere Vorteile, wie zum Beispiel eine höhere Bedeckung der zu behandelnden Fläche mit Pflanzenschutzmitteln bei geringen Wassermengen, geringere Berostungsgefahr, weniger Zeitaufwand und weniger Abtropfverluste. Die feinen Tropfen haben aber einen großen Nachteil, sie werden von der Luftströmung leicht davongetragen, sie sind also abdriftgefährdet.
Das „Verlustarme Sprühen“ mit gemischten Tropfen vereint den Vorteil der abdriftmindernden Technik mit den Vorteilen der Feinsprühtechnik. Das geschieht durch eine geschickte Düsenauswahl. Da die Gefahr der Abdrift hauptsächlich im oberen Baumbereich besteht, werden oben vier Injektor-Flachstrahldüsen verwendet, die grobe Tropfen erzeugen. Die zwölf darunter angeordneten Düsen sind Hohlkegeldüsen, die feine Tropfen bilden. Damit können die Abdriftverluste mit angepasstem Luftstrom unter Hagelnetz um 95% und die Abtropfverluste um ca. 10% verringert werden, wie amtliche Messungen ergeben haben.
 

GEBLÄSELUFT

Beim „Verlustarm Sprühen“ wird sehr viel Wert auf eine geeignete Gebläseluft gelegt. Dahinter steckt die Erkenntnis, dass die Tropfenanlagerung an der Zielfläche nur so gut sein kann, wie gut der Transport der Tropfen durch die Gebläseluft ist. Die Gebläseluft muss an die Kultur angepasst werden, damit eine gleichmäßige Tropfenanlagerung von unten bis oben erfolgen kann. Mit einer ungleichen Luftverteilung ist eine Anpassung der Gebläseluft an die Bäume nicht möglich, wenn die Tropfen im unteren Bereich in die nächste bis übernächste Fahrgasse geblasen werden und gleichzeitig im oberen Bereich ihr Ziel nicht erreichen. Bevor die Sprühgeräte für das „Verlustarm Sprühen“ im Obstgarten zum Einsatz kommen, werden sie daher einer Luftmessung unterzogen. Dort müssen sie den so genannten „Quadrantenvergleich“ bestehen. Dafür wurde ein eigener Luftprüfstand an der Fachschule für Obstwirtschaft in Gleisdorf entwickelt. Erst nach bestandener Luft- und Ausstattungsprüfung wird das Sprühgerät für das „Verlustarm Sprühen“ zugelassen.
 

LUFTVERTEILUNG

Das Hauptproblem bei der Gebläseluft liegt in der ungleichen Luftverteilung zwischen der linken und rechten Seite und zwischen dem unteren und oberen Bereich. Vor allem durch die zunehmend höheren Bäume gibt es Probleme mit dem Tropfentransport im oberen Kronenbereich. Fast alle Geräte haben oben zu wenig Luft, im unteren Bereich ist stets zu viel Luft vorhanden und die Tropfen werden, anstatt angelagert, davon geblasen. Beim „Quadrantenvergleich“ wird das Luftvolumen in einem Abstand von 1,5 m von der Gebläsemitte gemessen und in fünf Teilbereiche aufgeteilt. Jede Gebläseseite wird halbiert und das untere Teilluftvolumen mit dem oberen verglichen. Zusätzlich wird die Symmetrie der gesamten linken Seite mit der rechten Seite verglichen. Die Abweichungen sollten nicht größer als 10% sein (grüner Bereich). Aus der Sorge, dass keine Geräte für das „Verlustarm Sprühen“ übrig bleiben, wurden zwei Abweichungen bis 20% zugelassen (gelber Bereich). Nur Abweichungen über 20% werden nicht toleriert (roter Bereich).
 

Quadrantenvergleich Gebläseluft -  nicht genügend


Quadrantenvergleich Gebläseluft - in Ordnung
 

ERFAHRUNGEN MIT DER LUFTPRÜFUNG

2009 wurden alle Firmen, die in der Steiermark Sprühgeräte verkaufen, eingeladen, die Luftverteilung messen zu lassen. Sechs Firmen haben das Angebot angenommen und haben ihre Geräte den Anforderungen an das „Verlustarm Sprühen“ erfolgreich angepasst.
Obwohl die Luftmessungen zuerst viel Unruhe bei den Geräteherstellern ausgelöst haben, muss den Firmen schlussendlich viel Lob für ihr Engagement bei der Verbesserung ihrer Geräte ausgesprochen werden. Die erfolgreiche Erstprüfung der Luft (Typenprüfung) ist auf dieser Internet-Technikplattform abrufbar.
Seit März dieses Jahres werden in der Steiermark alle Sprühgeräte, die für das „Verlustarm Sprühen“ zugelassen werden, einer Luftmessung unterzogen. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass eine Typenprüfung, bei der nur ein Gerät gemessen wird, nicht genügt. Es muss jedes Gerät, das zum Einsatz kommen soll, auf die erforderliche Luftverteilung überprüft werden. Die Abweichungen der Luftverteilung von einem Gerät zum anderen des gleichen Typs sind oft sehr groß. Das bedeutet, dass das Problem nur durch eine Pflichtprüfung der Gebläseluft mit Lufteinstellung vor der Übergabe des Sprühgerätes an die Obstbauern gelöst werden kann (Endkontrolle vor der Auslieferung). Das heißt aber auch, dass jede Obstregion einen eigenen Luftprüfstand benötigt, wenn eine Verbesserung der Applikation erreicht werden soll.
 

GERÄTEANFORDERUNGEN

Das Sprühgerät hat die gesetzliche Mindestausstattung und den „Anforderungen an „Verlustarm Sprühen“ der Fachgruppe Technik vom Verband Steirischer Erwerbsobstbauern
zu entsprechen, d. h.
  • Gebläse mit Querstrom-Luftverteilung
  • Düsenanzahl mind. 8, einzeln abschaltbar, Membranventil, verstellbare Düsenstöcke usw.,
  • Düsenbestückung abdriftmindernde Injektor-Flachstrahldüsen - 4 Stück - oben montiert, die restlichen Düsen sind Hohlkegeldüsen (ATR lila, braun)
  • Druckleitungsfilter 2 Stück, vor der Düsenleiste montiert mit 80 Mesh-Einsatz, selbstreinigend
  • Reinwasserbehälter (Größe mind.10% von Tankinhalt), eventuell mit kontinuierlicher Innenreinigungseinrichtung,
  • Handwasserbehälter
  • Brühebehälter mit glatter Innenwand
  • Prüfanschlüsse für Pumpe und Manometer
  • Luftverteilungsmessung mit Quadrantenvergleich
  • Gesetzliche Gerätekontrolle mit Brühe-Verteilungsmessung 

ANFORDERUNGEN AN DEN OBST-PRODUZENTEN

Die Umstellungsaktion auf „Verlustarm Sprühen“ beschränkt sich nicht nur auf die Gerätetechnik, sondern beinhaltet auch ein Dosierungsmodell für Pflanzenschutzmittel (PSM). Die Obstbauern bekommen computerunterstützte Berechnungen über jene PSM-Menge, die sie mit den kontrollierten Sprühgeräten auszubringen haben. Das bringt den Obstbauern mehr Sicherheit in der Anwendung der zugelassenen PSM.
Damit die Obstbauern diese Herausforderungen leichter bewältigen können, unterstützt die Fachgruppe Technik die Umstellung auf „Verlustarm Sprühen“ durch eine Schulung über das PSM-Dosierungsmodell und über die „Verlustarm-Sprühtechnik“.
Besonderes Schwergewicht wird auf die PSM-Ausbringung mit angepasstem Luftstrom an die Bäume im Obstgarten gelegt. Die Betriebe, die umgestellt haben, bekommen als Qualitätsauszeichnung eine „Verlustarm-Plakette“ auf ihr Sprühgerät.
 

ÜBERREGIONALE RICHTLINIEN

Die Fachgruppe Technik möchte nicht auf eine neue Generation von Sprühgeräten warten, die eine Verbesserung der bisherigen Applikationstechnik irgendwann ermöglicht, sondern die bestehenden Axial-Gebläsesprüher sofort für das „Verlustarm Sprühen“ adaptieren. In der Steiermark werden daher auch Gebrauchtgeräte auf das „Verlustarm Sprühen“ umgerüstet.
Da die Sprühgeräte in den Obstbaugebieten der Steiermark, Bodensee, Südtirol und Trient zum Großteil von den selben Herstellern stammen, soll durch eine gemeinsame überregionale Vorgabe den Herstellerfirmen die gerätetechnische Umsetzung erleichtert und den Obstbauern mehr Sicherheit bei der Geräteauswahl gegeben werden. Damit soll eine schlagkräftige, sichere und umweltfreundliche Applikationstechnik in diesen Regionen ermöglicht werden.
 

Medium


Obstbau Weinbau ist seit 1964 ein praxisorientiertes Fachmagazin des Südtiroler Beratungsrings für Obst- und Weinbau. Jährlich erscheinen 11 Ausgaben (Juli/August Doppelnummer) mit Fachartikel über Anbaumethoden, Versuche, Sorten, Forschungsergebnisse, Betriebswirtschaft, Statistiken, Züchtungsergebnisse, Pflanzenschutz, Vermarktung, Lagerung,  Studienreisen u.a. aus den Bereichen Obst-, Weinbau und Kellerwirtschaft.
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