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Grubber & Kreisleggen, 09.03.2012

BODENPFLEGE UND KLIMAVERÄNDERUNG

Die Bodenpflege ist ein wichtiger Teilbereich der Traubenproduktion und ihr Einfluss auf Ertrag, Traubengesundheit und Weinqualität ist unstrittig.
Die Kunst besteht darin, den Boden so zu bearbeiten, dass die Reben bedarfsgerecht mit Nährstoffen und Wasser versorgt werden. Der Beitrag setzt sich mit den klimaspezifischen Anforderungen an das Begrünungsmanagement auseinander, dem Wasser- und Stickstoffhaushalt im Boden sowie den bodenpflegerischen Möglichkeiten in einem sich verändernden Umfeld.

Eine sachgerechte Bodenpflege erfordert nicht nur Kenntnisse der Geräte und Arbeitsmethoden, sie muss auch die klimatischen und bodenkundlichen Gegebenheiten berücksichtigen.Deshalb kann es keine Patentrezepte geben.Was für den einen Standort richtig ist, kann für den andern negative Auswirkungen haben. Und was sich in einemJahr bewährt hat, kann im nächsten falsch sein. Man muss situationsgerecht und flexibel reagieren. Neben der Sorge für eine stets gute Befahrbarkeit
der Rebanlagen ist das wichtigste Ziel der Bodenpflege, eine ausreichendeWasser- und Nährstoffversorgung zu gewährleisten. Dabei besteht ein enger Zusammenhang zwischen Bodenfeuchte, Bearbeitungszeitpunkt, Intensität, Verfügbarkeit der Nährstoffe und ihrer Freisetzung.
 

DER KLIMATREND SETZT NEUE MASSSTÄBE

Die globale Erwärmung hat sich in den letzten 20 Jahren beschleunigt.Waren in den 80er Jahren noch sechs Jahre relativ kühl und nur vier als zu warm charakterisiert, so gab es in den 90ern (mit Ausnahme von 1996) nur noch Jahre mit überdurchschnittlichen Temperaturen. Dabei zeichnet sich einTrend zu nassen Wintern, aber deutlich trockeneren Sommern ab. Demzufolge ist auch die Bodenpflege neu zu überdenken. Dabei wirdman sich von starren Bodenpflegesystemen verabschieden müssen.
Verlangt wird:
  • höhere Flexibilität bei der Bodenpflege im Frühjahr und Sommer
  • unterschiedliche Bodenbewirtschaftung im Frühjahr, Sommer und Herbst / Winter
  • stärkere Bodenbeschattung, insbesondere auf austrocknungsgefährdeten Standorten.

BODENPFLEGE IM FRÜHJAHR UND FRÜHSOMMER

Die Bodenpflege im Frühjahr und Frühsommer muss die Bodenwasservorräte schonen, den Trockenstress reduzieren und die N-Versorgung für die Vegetation sicherstellen. Dazu geeignet sind Winterbegrünungen in jeder Zeile, ob nun eingesät oder natürlich. Ihnen kommt die wichtige Funktion zu, Freisetzungen von Nitratstickstoff durch Mineralisation im Herbst und Winter zu verringern, den Stickstoff zu binden und so die Auswaschung zu minimieren. In Abhängigkeit vom Wuchs müssen Winterbegrünungen im Frühjahr rechtzeitig gemulcht werden. Die Mulchschicht kann einige Zeit liegen bleiben, um die Wasserverdunstung des Bodens und auflaufende Unkräuter zu unterdrücken. Eine spätere flache Einarbeitung fördert durch Mineralisation die Nährstoffversorgung der Reben im Sommer. Oft wird dadurch eine N-Düngung überflüssig. Natürliche
Begrünungen können im April mit Grubber, Scheibenegge, Kreiselegge oder Fräse flach eingearbeitet werden. Hinsichtlich der Nährstofffreisetzung und -verfügbarkeit ergeben sich je nach Substanzproduktion ähnliche Vorteile wie bei einer eingesäten Winterbegrünung.
 

VERDUNSTUNGS- UND BEGRÜNUNGSMANAGEMENT

Im späten Frühjahr und Frühsommer sind die offenen Gassen nur flach zu bearbeiten. Der Eingriff ins Bodengefüge dient der Kapillarzerstörung und reduziert so die Wasserverdunstung. Weiter werden dadurch der Unkrautbewuchs reguliert und die Mineralisation angeregt. Von einer häufigen und vor allem tiefen Bearbeitung (> 15 cm) ist abzusehen. Erhöhte N-Freisetzungen und eine höhere Wasserverdunstung sind die unerwünschten Folgen. Die Wasservorräte im Boden müssen geschont werden, damit die Reben Trockenstressphasen im Sommer besser überstehen. Leider verleiten moderne Universalgrubber mit starren Werkzeugen und die heute meist hohen Motorleistungen zu einer tiefen Bearbeitung. Dauerbegrünungen sind kurz zu halten, um den Wasserverbrauch einzuschränken. Stickstoffdünger auf Dauerbegrünungen fördern die Substanzproduktion und damit den Wasserverbrauch. Intensiverer Mulchbedarf ist eine weitere Folge. Erst über die Mineralisation des Mulchguts kommt der Stickstoff an die Rebwurzeln. Der Zeitpunkt ist aber nicht kontrollierbar.
In trockenen Jahren fällt er in die Reifephase, was der Traubengesundheit abträglich ist. An trockenen Standorten kann auch eine Störung der Dauerbegrünung mit Flügelscharen, Scheibeneggen, Zinkenrotoren oder Fräsmessern sinnvoll sein. Allerdings muss dieser Eingriff  frühzeitig, also vorbeugend erfolgen. Herrscht bereits starke Trockenheit, sind die Werkzeuge kaum noch in der Lage, in die verhärteten Böden einzudringen. Auch ist die Bearbeitung bei bereits sichtbarem Trockenstress kaum noch Erfolg versprechend.Bewuchs-Management ist in der allgemeinen weinbaulichen Praxis bisher wenig verbreitet. Die grösste Akzeptanz besitzt noch die Scheibenegge. Bei frühzeitigem und regelmässigem Einsatz sind damit zufriedenstellende Ergebnisse möglich. Im ökologischen Weinbau hat die Arbeit mit der Scheibenegge grösseren Stellenwert.
 

BODENPFLEGE IM HOCH- UND SPÄTSOMMER

Bei der Bodenpflege im Hoch- und Spätsommer muss darauf geachtet werden, dass die Mineralisation nicht zu sehr gefördert wird. Grössere N-Freisetzungen in der Reifephase können sich, wie das Jahr 2006 gezeigt hat, negativ auf die Traubengesundheit auswirken. Zunehmend wird, selbst in relativ  flachen Lagen, auch die Erosion zum Problem.Deshalb muss auf erosionshemmende Massnahmen geachtet werden. Daraus ergibt sich, dass eine Bodenbearbeitung flach ausfallen soll und bei anhaltender Trockenheit nur auf die Kapillarzerstörung abzielt. Bei ausreichender Bodenfeuchte kann ein geringer
Unkrautbewuchs toleriert werden. Ist der Bewuchs zu stark oder zu hoch, muss er abgemulcht werden. Bei relativ ebener Bodenoberfläche wird ein Kreiselmulcher eingesetzt. Sonst kommt der Schlegelmulcher zum Einsatz. Das Mulchgut darf keinesfalls eingearbeitet werden, um die Mineralisation nicht anzuregen. Stärkerer Unkrautbewuchs kann auch mit einem Blattherbizid abgespritzt werden. Sowohl das Mulchen als auch das Abspritzen sind einer Spätsommerbearbeitung vorzuziehen:
  • Der Erosionsschutz wird deutlich verbessert. Die Fliessgeschwindigkeit des Meteorwassers wird gebremst, dessen  Eindringen in den Boden verbessert. Die Pflanzenwurzeln bilden zudem ein Schutznetz für die abschwemmgefährdeten Bodenpartikel.
  • Die N-Mineralisation wird kaum angeregt. Grössere N-Schübe in der Reifephase können vermieden werden.
  • Absterbender Bewuchs, ob gemulcht oder abgespritzt, bietet eine Bodenbeschattung und damit Schutz vor Austrocknung bei starker Besonnung.
Spätestens ab Anfang August, besser schon imJuli, ist jegliche Bodenbearbeitung einzustellen. Offene Gassen sollte man ab Ende Juli/Anfang August spontan begrünen lassen oder Mitte August bis Anfang September mit einer Wintermischung einsäen. Eine tiefe Saatbettvorbereitung muss jedoch unterbleiben.
 

BODENPFLEGE IM HERBST UND WINTER

Die grössten ökologischen Schäden werden bei der Herbst- und Winterbodenbearbeitung angerichtet. Nach wie vor werden Weinbergböden vor oder nach der Ernte bearbeitet. In aller Regel intensiv und tief. Dies fördert nicht nur die Erosion, sondern erhöht wegen den zunehmend wärmeren und feuchteren Wintern auch die Mineralisation und damit die N-Freisetzung. Da zu dieser Zeit Pflanzen kaum noch Stickstoff aufnehmen oder nach der Bearbeitung gar kein Bewuchs mehr vorhanden ist, der Stickstoff einlagern könnte, sind Nitrat-Auswaschverluste vorprogrammiert. Treffen die Prognosen der Klimaforscher zu, so wird die Winter-Nitratproblematik in den Weinbergen zunehmen. Dies bestätigen Untersuchungen im Wasserschutzgebiet von Bad Kreuznach, wo seit 2004 in 24 Weinbergen im April und November die Nmin-Gehalte ermitteltwerden. Die Nmin-Herbstwerte dieser Parzellen sind teilweise erschreckend hoch. Zum April-Termin ist dagegen eine Abnahme festzustellen, was auf eine N-Auswaschung hinweist (Abb. 1). Zudem fördern Bodenbearbeitungen auch den Humusabbau. Besonders auf leichten, gut erwärmbaren Böden sind die Abbauraten sehr hoch.Neben denN-Freisetzungen und -Verlustenwerden grosse CO2-Mengen frei, die zur globalen Erwärmung beitragen. Aufgrund der ökologischen Risiken sind Bodenbearbeitungen auf das notwendige Mass zu beschränken. Dazu gehören Herbst- und Winterbearbeitungen:
  • Herbst- oder Winterbearbeitung sind aus ökologischer Sicht nicht sinnvoll. Wo Verdichtungen behoben werden müssen, sollte dies erst im März oder April erfolgen.
  • Wenn eine Tiefenlockerung nach dem Herbst notwendig erscheint (Behebung tiefer Traktorspuren), so sind starre Lockerer (Parapflug) zu bevorzugen. Keinesfalls darf der Boden mit Spatengeräten intensiv durchmischt werden
  • Eine ganzflächige Begrünung imWinter, ob eingesät oder natürlich, ist ein Muss!

Abb. 1: Nmin-Gehalt des Bodens in Abhängigkeit von der Jahreszeit, der Niederschlagsmenge in der Beobachtungsperiode
und der Bodenbearbeitung. (Die Abbildungen 2 a-e zeigen die dazugehörigen Böden).
 

AUSTROCKNUNGSGEFÄHRDETE STANDORTE

In sonnenexponierten Lagen mit gut erwärmbaren Bödenwerden die Folgen der Klimaerwärmung deutlich zu spüren sein. Starke Sonneneinstrahlung, Bodenerwärmung und hohe Wasserverdunstung bei geringer Bodenwasserspeicherkapazität
werden den Reben zusetzen. Will man diese meist sehrwertvollen Standorte weiter erhalten, so sind Massnahmen zur Verminderung der Evapotranspiration, zur Erhöhung der Wasserspeicherung und zur Reduktion der Sonneneinstrahlung nötig.
Eine Abdeckung mit grobem, stickstoffarmem organischem Material wie Holzhäcksel oder Stroh ist geeignet, die Bodenfeuchte zu konservieren, den Oberflächenabfluss zu vermindern und die Bodentemperaturen zu regulieren.
An Trockenstandortenwird Abdeckungen eine Schlüsselfunktion zukommen, zumindest dort, wo eine Bewässerung fehlt.
 

BODENPFLEGE UND N-DYNAMIK IM HERBST UND FRÜHJAHR

Die Abbildung 1 zeigt die Nmin-Gehalte im November und April in Abhängigkeit vom Bodenpflegesystem und der Düngepraxis. Beim Bodenpflegesystem «jede Zeile begrünt» werden keine grossen N-Mengen durch Mineralisation freigesetzt (Abb. 1 und 2a). Die Nmin-Gehalte im November sind tolerierbar. So sind auch keine grossenN-Verluste zu erwarten. Aus ökologischer Sicht (Erosionsschutz, N-Freisetzung) ist dieses Bodenpflegesystem ideal, allerdings ist wegen der Wasserkonkurrenz nicht jeder Standort für eine Dauerbegrünung geeignet.
Wie Abbildung 1 und 2b (Variante «jede 2. Zeile begrünt; offene Zeile mit Winterbegrünung») zeigen, ist auch bei Bearbeitung jeder zweiten Zeile ein aus ökologischer Sicht verträgliches Nmin-Niveau während des Winters zu erreichen. Voraussetzung ist jedoch eine nicht zu intensive Bearbeitung imFrühjahr und Frühsommer und ein rechtzeitiger Bearbeitungsstopp im Sommer, sodass sich eine Spontanbegrünung entwickeln kann. Auch darf der Standort keine überhöhten Humusgehalte aufweisen.
Im Weinbau ist ein Humusgehalt von 2 bis 2.5% anzustreben. Bei höheren Anteilen wird nach einer Bearbeitung die N-Freisetzung stark forciert (Abb. 1 und 2d und e).



 
Abb. 
2a) Rebanlage mit Dauerbegrünung in jeder Zeile. 
b) Rebanlage mit Dauerbegrünung in jeder 2.Zeile und natürlicher Winterbegrünung in den im Frühjahr und Sommer bearbeiteten Zeilen.
c) RebanlagemitDauerbegrünung in jeder 2.Zeile und Offenhaltung der anderen Zeile auchwährend desWinters.
d) Rebanlagemit Bearbeitung und Offenhaltung jeder Zeile auch während des Winters.
e) RebanlagemitDauerbegrünung in jeder 2.Zeile und Offenhaltung der anderen Zeile auch während des Winters. Humusgehalt im Oberboden 6.6%durch überhöhte Biokompostanwendung.


Abb. 3: Späte Bodenbearbeitungen sind tabu. Bodenbearbeitungsgeräte vor dem Herbst einwintern.
 

ZUVIEL DES GUTEN!

Wie stark eine intensive Bearbeitung bis in den Herbst die Nmin-Gehalte in die Höhe treiben kann, zeigen die Abbildungen 1 und 2c, Variante «jede 2. Zeile begrünt, offene Zeile intensiv bearbeitet». Durch die Anregung der Mineralisation werden Werte von weit über 100 kg/ha, teilweise sogar über 200 kg/ha erreicht. Da im Winter keine N-Aufnahme erfolgt, muss dank entsprechender winterlicher Sickerwassermengen von beträchtlichen Nitratverlusten ausgegangen werden. Aus Sicht des Grundwasserschutzes ist diese Form der Bodenpflege abzulehnen. Noch dramatischer wird es, wenn jede Zeile bis zum Herbst bearbeitet wird (Abb. 1 und 2d), Variante «jede Zeile offen und intensiv bearbeitet bis Herbst»). In dieser Rebanlage wurden zudem durch eine überzogene organische Düngung die Humusgehalte auf über 4% angehoben. Entsprechend hohe N-Freisetzungen und N-Verluste während des Winters sind die Folge. Auch die Variante «jede Zeile begrünt, starke Biokompostdüngung» (Abb. 1 u. 2e) zeigt die Folgen einer stark überzogenen Biokompostanwendung. Der Humusgehalt im Oberboden wurde dadurch auf 6.6% angehoben. Dass dies nicht der guten fachlichen Praxis entspricht, wird jedem Winzer bewusst sein.
Die bodenphysikalischen Vorteile einer Biokompostanwendung, insbesondere die gute Wasserspeicherfähigkeit, sprechen für dieses Produkt, sofern die Verwendung sich in Grenzen hält und die gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden.
 

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Obstbau Weinbau ist seit 1964 ein praxisorientiertes Fachmagazin des Südtiroler Beratungsrings für Obst- und Weinbau. Jährlich erscheinen 11 Ausgaben (Juli/August Doppelnummer) mit Fachartikel über Anbaumethoden, Versuche, Sorten, Forschungsergebnisse, Betriebswirtschaft, Statistiken, Züchtungsergebnisse, Pflanzenschutz, Vermarktung, Lagerung,  Studienreisen u.a. aus den Bereichen Obst-, Weinbau und Kellerwirtschaft.
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