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Beregnung & Bewässerung, 15.05.2018

Wasser marsch!

Wasserbevorratung für die Frostschutzberegnung im Obstbau
Zur Ertrags- und Qualitätssicherung von Obstkulturen durch eine Beregnung in Spätfrostnächten bedarf es kurzfristig großer Wassermengen.

Diese bereitzustellen ist meist die größte Herausforderung, wenn eine neue Frostschutzberegnung auf Obstbauflächen installiert werden soll.
 
Wassermengen
Um den benötigten Wasservorrat zu ermitteln, empfiehlt es sich, von 30 Stunden Beregnungszeit je Spätfrostperiode auszugehen. So können beispielsweise drei aufeinanderfolgende Frostnächte mit je zehn Einsatzstunden abgedeckt werden.
Neben der klassischen Überkronenberegnung und der Unterkronenberegnung ist in Tabelle 1 auch der Wasserbedarf einer wassersparenden Baumstreifenberegnung mit Mikrosprinklern (FLIPPER, Fa. Naan-DanJain) aufgeführt. Dieses Beregnungssystem  wird in Deutschland als Frostschutz derzeit neu diskutiert und erprobt. Es liegen positive Erfahrungen aus Praxisbetrieben und  vielversprechende Untersuchungsergebnisse aus Belgien vor. Je nach Witterungsverlauf und Vegetationsbeginn der zu beregnenden Kultur sollten diese Wassermengen Anfang (z. B. Aprikosen) bis spätestens Ende März (z. B. Apfel) bereitstehen.
 
Wasserbeschaffung
 
Bitte beachten:
Die Angaben zu bau- und wasserrechtlichen Genehmigungsverfahren und naturschutzrechtliche Aspekte beziehen sich auf Rheinland-Pfalz (RLP), für andere Bundesländer können abweichende Regelungen gelten.
 
– Brunnen
Eine häufig genutzte Möglichkeit zur Bereitstellung von Beregnungswasser im Obstbau sind Brunnen. Je nach Lage des Betriebes kann dies eine unproblematische und relativ kostengünstige Variante der Wasserbeschaffung darstellen, z. B. wenn in geringen Tiefen ergiebige Grundwasserleiter anstehen.
 
In Regionen mit ungünstigen hydrogeologischen Verhältnissen ist eine Wasserentnahme aus Brunnen schwieriger bzw. unmöglich. Hier kann die Bohrung neuer Brunnen sehr risikobehaftet sein, weil tiefe Bohrungen mit einem hohem Erschließungsrisiko einhergehen. Bei Ungewissheit über die hydrogeologischen Verhältnisse vor Ort ist vorab eine Probebohrung mit geringem Bohrdurchmesser sinnvoll. Die umfassendsten Informationen zur Hydrogeologie hat in Rheinland-Pfalz das Landesamt für Geologie und Bergbau (LGB). Hier sind sowohl Online (http://www.lgb-rlp.de – Karten und Produkte – online-Karten – Hydrogeologie) als auch bei direkter Nachfrage Informationen zugängig.
 
Vor Erwägung einer Neubohrung sollte geprüft werden, ob bereits vorhandene Brunnen in Reichweite der zu beregnenden Flächen genutzt werden können. In Einzelfällen können beispielsweise nicht mehr genutzte Brunnen der Wasserversorgung nach Absprache übernommen bzw. für eine Entnahme herangezogen werden.
 
Grundsätzlich bedarf eine Grundwasserentnahme immer der Erlaubnis der jeweils zuständigen Wasserbehörde. Bei einer Entnahmemenge unter 24 m3 Wasser pro Tag ist die Untere Wasserbehörde (Kreis- bzw. Stadtverwaltung), bei einer geplanten Entnahme von mehr als 24 m3 pro Tag die Obere Wasserbehörde (Struktur- und Genehmigungsdirektion) zuständig. Die fachliche Prüfung erfolgt immer im konkreten Einzelfall; Kriterien sind z. B. die Grundwasserneubildung und bereits vorhandene Brunnen im Gebiet.
 
– Entnahme aus Oberflächengewässern
Für wenige Betriebe ist eine Entnahme aus Oberflächengewässern (in RLP meist Flüsse) eine Option. Auch dies muss bei der jeweils zuständigen Wasserbehörde beantragt werden. Bei der Entnahme aus einem Gewässer 1. Ordnung (z. B. Rhein) ist dies die Obere Wasserbehörde, bei einem Gewässer 2. Ordnung bis zu einer Menge von 400 m3/Tag die Untere Wasserbehörde (bei größeren Mengen dann wieder die Obere Behörde). Aus Gewässern 3. Ordnung darf kein Wasser entnommen werden.
 
– Niederschlagswasser
Das Sammeln von Niederschlagswasser ist grundsätzlich sinnvoll. Hinsichtlich der großen Mengen, die für die Frostschutzberegnung benötigt werden, ist es für diesen Zweck aber eher als zusätzliche Wasserquelle zu sehen. Hilfreich kann Niederschlagswasser sein zum Verschneiden mit Wasserherkünften, die hinsichtlich der Wasserqualität kritisch sind.
 
– Trinkwasser
Auch die Nutzung von Wasser aus dem Leitungsnetz der Wasserversorger kann ein Lösungsansatz sein, sofern keine anderen Wasserbeschaffungsmöglichkeiten bestehen. In diesem Fall ist ein Zwischenspeicher unerlässlich. Die Flexibilität hinsichtlich der Entnahmezeiträume ist ein Vorteil. In Absprache mit dem Wasserversorger ist dies ein gutes Argument, da der Obstbauer zu Zeiten einer geringen Auslastung des Systems Wasser entnehmen kann (bei Engpässen wird natürlich grundsätzlich die Trinkwasserversorgung der Bevölkerung über die Wasseransprüche der Landwirtschaft gestellt).
 
Um die Gesamtmenge an benötigtem Wasser zu erreichen, kann eine Kombination verschiedener Wasserherkünfte zielführend sein. Wenn z. B. die Ergiebigkeit eines vorhandenen Brunnens nicht ausreicht, kann mit Regen- oder Trinkwasser aufgefüllt werden.
 
Bau eines Beregnungsteiches
Häufig reicht die direkte Wasserzuführung aus der Entnahmequelle nicht aus, um in Frostnächten die insgesamt benötigte Wassermenge heranzubringen. Eine Zwischenspeicherung erfolgt wegen der großen Wassermenge meist in Form eines Beregnungsteiches.
 
Das Fassungsvermögen des Wasserspeichers soll den genannten Wasserbedarf
(s. Tab. 1 und 2) gut abdecken. Bei kontinuierlicher Wasserspeisung des Teiches zwischen einzelnen Frostnächten kann dies berücksichtigt werden, so dass die geplante Teichgröße dann entsprechend reduziert werden kann (s. Tab. 3).
 
Hilfe bei der Planung eines Beregnungsteiches bieten Planungsbüros oder Teichbaufirmen. Spezialisierte Firmen betreuen den gesamten Bauablauf, inklusive  der genehmigungsrechtlichen Belange. Dies schlägt sich in den Gesamtkosten nieder, sorgt jedoch für eine reibungslosere und einfachere Abwicklung.
 
Bei sehr wasserundurchlässigen Böden mit hohem Tonanteil kann auch ein Becken ohne Folie mit spezieller Verdichtung erstellt werden. Meist ist jedoch der Einbau einer Teichfolie nötig, bei steinigeren Böden mit Vlies als Unterlage. Die Folie wird entweder vor Ort verschweißt oder werksseitig konfektioniert und dann passend geliefert.
Ein Massenausgleich in Form eines Dammes ist oft vorteilhaft und kann zu erheblicher Kosteneinsparung führen, da der Abtransport und ggf. anfallende Deponiekosten für den Erdüberschuss beträchtlich sein können. Damit keine Kleintierfalle (Amphibien, Kleinsäuger) entsteht, sollte eine Ausstiegsmöglichkeit in Form einer Rampe oder eines flachen Böschungsbereichs vorgesehen werden.
Behälter und Speicherbecken sind in Rheinland-Pfalz im Außenbereich grundsätzlich (bzw. innerorts ab 100 m3) baugenehmigungspflichtig. Der Bauantrag wird bei der Unteren Baubehörde (Stadt- bzw. Kreisverwaltung) eingereicht. Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens wird auch die Naturschutzbehörde hinzugezogen. Die Beurteilung erfolgt immer im Einzelfall. Wird das Vorhaben als Eingriff in Natur und Landschaft bewertet, können auch Ausgleichsmaßnahmen verlangt werden.
 
In Rheinland-Pfalz, insbesondere Rheinhessen, liegen viele Obstbauflächen in Schutzgebieten (Naturschutz-, NATURA 2000-, oder Landschaftsschutzgebiet). Hier fließen die jeweilige Rechtsverordnung bzw. das besondere Schutzziel in die Betrachtungen mit ein. Die Behörden empfehlen, frühzeitig mit ihnen in Kontakt zu treten, da eine Beratung vorab den Ablauf vereinfachen und Planungskosten reduzieren könne.
 
Bei geeigneter Flächenstruktur ist es vorteilhaft, wenn sich Betriebe im Hinblick auf die Erstellung einer Infrastruktur für Bewässerungs- und Beregnungszwecke zusammenschließen. Die Gründung eines Wasser- und Bodenverbandes kann sowohl rechtlich als auch hinsichtlich finanzieller Förderungen sinnvoll bzw. erforderlich sein. Mancherorts ist bereits eine solche Infrastruktur vorhanden, die genutzt werden kann.
 
Wasserqualität
Bei einem Einsatz des Beregnungswassers zum Frostschutz (bis Mitte Mai) können zu hohe Eisengehalte im Wasser problematisch sein. Ab der berostungsempfindlichen Phase im Kernobst, d. h. ab Vollblüte, sind max. 2 mg/l (in früherem Entwicklungsstadium 4 mg/l) Wasser optimal. Hier muss der Obstbauer abwägen: Bevor ein Totalausfall durch starken Frost entsteht, kann es besser sein, das Berostungsrisiko hinzunehmen. Den Eisengehalt von Wasser zu reduzieren, ist aufwändig: Das wasserlösliche zweiwertige Eisen muss zu dreiwertigem wasserunlöslichem Eisen oxidieren, damit es sich absetzen kann bzw. herausfilterbar ist. Dieser Prozess wird durch Sauerstoffzufuhr beschleunigt. Möglichkeiten, dies zu gewährleisten, sind der Einsatz von Belüftungsbecken bzw. einer Absetz- bzw. Filterstrecke vor dem Einlauf in den Teich. Dort sorgt eine entsprechende Ufer- und Unterwasserbepflanzung für eine gute Sauerstoffversorgung des Gewässers. Auch eine künstliche Belüftung mit Pumpen ist möglich.
 
Hinsichtlich des Salzgehaltes gilt (s. Artikel von Dr. Dirk Köpcke in OBSTBAU 3/2015):
• bis zur Blüte: 1 g/l (Leitfähigkeit: 3,5 mS/cm)
• ab der Blüte: 0,5 g/l (2 mS/cm)
 
Bei nährstoffreichem Wasser kann Algenwachstum ein Problem darstellen. Das Vorschalten eines gut funktionierenden Sandfilters ist dann anzuraten. Zur Reduzierung des Algenvorkommens im Teich ist der Einsatz von Ultraschall-Geräten eine umweltschonende und einfache Methode (z. B. Aquasonic NT, ClickSonic AG).
Wird das Wasser auch während der Vegetation zur Beregnung eingesetzt, sind weitere Kriterien, insbesondere die Karbonathärte, zu berücksichtigen.
 
Verschiedene Beregnungssysteme haben, je nach verwendeten Regnern oder Sprinklern, unterschiedliche Ansprüche an die eingesetzte Filtertechnik. Während für robuste, relativ großdüsige Schlagregner ein Siebfilter mit bis zu 1 mm ausreicht, benötigt das FLIPPER-System Scheibenfilter mit 120 Mesh (Sprinkler mit mittlerer Verstopfungsanfälligkeit bis zu 80 Mesh).
 
Kosten
Die Kosten für eine Wassererschließung variieren sehr stark und sind nur beispielhaft darzustellen (s. Tab. 4 und 5).
 
Da Anfahrt und Baustelleneinrichtung fixe Posten sind, wird der Preis pro Meter Bohrtiefe mit zunehmender Tiefe tendenziell günstiger. Hinzu kommen Kosten für Pumpe, Filter und Hauptzuleitungen und gegebenenfalls für die Verlegung einer Stromversorgung. Die Kosten für den Bau eines Speicherbeckens sind ebenfalls sehr projektabhängig und belaufen sich auf 3,00–7,00 7 je m3 Speichervolumen, dazu kommen noch die Kosten für den Erdaushub. Kleinere Teiche sind im Verhältnis teurer als größere. Daher macht es wenig Sinn, aus Kostengründen die Beckengröße zu reduzieren.
 
Über das rheinland-pfälzische Entwicklungsprogramm EULLE sind überbetriebliche (30–50 %) und einzelbetriebliche (20 %) Förderzuschüsse möglich (Infos über www.eler-eulle.rlp.de). Ebenso bieten die Genossenschaften Förderungen über GMO-Mittel an.
 
Die Investitionskosten für die Erschließung einer Fläche zur Spätfrostbekämpfung sind als Absicherung zu sehen. Eine Rentabilität ist aufgrund der Ungewissheit von Spätfrostereignissen nicht möglich. Vor dem Hintergrund des Klimawandels mit der Tendenz zum früheren Vegetationsbeginn – was die Gefahr von Spätfrostschäden erhöht –  ist die Ertrags- und Qualitätssicherung über eine Frostschutzberegnung aber ein wichtiger Baustein für die Sicherung der Zukunftsfähigkeit eines Betriebes. Die Möglichkeit zur Bewässerung während der Vegetation als weiterer Nutzen einer Wassererschließung ist natürlich ein zusätzliches Argument.
 
Sowohl die Über- als auch die Unterkronen-Beregnung eignet sich ebenfalls zur Klimatisierung an heißen Tagen und kann so Hitzeschäden mindern.

Über den Autor

Elke Immik,
DLR Rheinpfalz,
Wormser Str. 111,
55276 Oppenheim,
Tel.: 06133 930139,
E-Mail: elke.immik@dlr.rlp.de


 

Medium

1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
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