Technik Plattform der Fachgruppe Technik

Besucher: 300194
 

Einsatzbereich


Kategorien

CA- & Kältetechnik, 28.12.2013

KERNOBSTLAGERUNG: BEDEUTUNG UND STEUERUNG DER LUFTFEUCHTIGKEIT

Die Luftfeuchtigkeit stellt bei der Lagerung einen der wichtigsten Faktoren dar, da sie zum einen den Wasser- und damit Gewichtsverlust der Frucht beeinflusst, zum anderen, da sie das Auftreten physiologischer Lagerkrankheiten sowohl positiv als auch negativ beeinflussen kann. 
Bei der Lagerung von Kernobst sollte die relative Luftfeuchtigkeit zwischen 92 und 95 % liegen. Dabei ist es jedoch nicht Ziel der erhöhten Luftfeuchtigkeit den Wasserverlust der Frucht gegen Null zu reduzieren. Ein gewisser Wasserverlust der Früchte (ca. 2,0-3,5 %) ist sogar gewünscht, da dadurch das Risiko für bestimmte physiologische Lagerkrankheiten, wie der Schalenbräune, reduziert werden kann. Ab einem Gewichtsverlust von ca. 5 % ist beim Apfel in der Regel bereits äußerlich ein Schrumpfen erkennbar.
 

URSACHEN FÜR ZU NIEDRIGE LUFTFEUCHTIGKEIT

Entscheidend für den Wasserverlust der Früchte ist die relative Luftfeuchtigkeit im Raum. Eine zu geringe Luftfeuchtigkeit und damit zu hohe Entfeuchtung der Früchte lässt sich in den meisten Fällen auf die Kälteanlage zurückführen. Der maximale Wassergehalt der Luft (100 % Sättigung) ist von der Temperatur abhängig. So beträgt dieser z. B. bei -10 °C 2,30 g/m2 Luft, bei +24 °C hingegen 21,61 g/m2 Luft. Die Entfeuchtung durch die Kälteanlage lässt sich in etwa mit dem Effekt vergleichen, den man im Winter an Fenstern in beheizten Räumen vorfindet. Wenn die Kälteanlage läuft, liegt die Verdampfertemperatur im Lager tiefer als die Raumtemperatur bzw. die Temperatur der Früchte. An den Lamellen des Verdampfers kommt es dadurch zur Taupunktunterschrei-tung und somit zur Bildung von Kondenswasser. Je höher die Temperaturdifferenz (A T) zwischen Verdampferoberfläche und der Raumluft bzw. dem Kühlgut ist, umso mehr Wasser kondensiert am Verdampfer aus.
 

BEDEUTUNG VON VERDAMPFEROBERFLÄCHE UND LAUFZEITEN DER KÄLTEANLAGE

Ein wichtiger Aspekt, der diesen Entfeuchtungseffekt am Verdampfer beeinflusst, ist die Oberfläche des Verdampfers. Je geringer diese gewählt wird, umso tiefer muss bei gleicher Kälteleistung die Verdampfungstemperatur liegen bzw. umso länger muss die Kälteanlage laufen um die Sollwerte zu erreichen. Dieses Problem kann z. B. bei schlecht konzipierten bzw. häufig bei älteren Anlagen auftreten. Liegen also die Ursachen für eine zu hohe Entfeuchtung bereits in der Dimensionierung der Kälteanlage, so lässt sich dieser nur schwer entgegenwirken. Als Richtwerte für die Dimensionierung der Anlage gelten dabei eine Kälteleistung von ca. 180 Watt sowie eine Verdampfer-Oberfläche von ca. 2 m2/t Apfel. Unter Umständen lässt sich jedoch bereits durch eine optimierte Einstellung der Kälteanlage (geringeres A T) seitens der Kältefirma die Entfeuchtung durch die Anlage verringern. Je länger die Kälteanlage läuft bzw. je mehr Kühltakte erfolgen, umso mehr Wasser kondensiert am Verdampfer aus. Dies bedeutet, dass mit geringerer Lagertemperatur auch die Entfeuchtung zunimmt. So konnte z. B. in Versuchen am Kompetenzzentrum Obstbau Bodensee (KOB) in zwei baugleichen ULO-Räumen mit jeweils 11 Tonnen Lagervolumen während einer siebenmonatigen Lagerung bei 1 °C ein Gewichtsverlust der Äpfel von 4,6 % gemessen werden, wogegen dieser unter gleichen ULO-Bedingungen und bei einer Temperatur von 5 °C nur bei 3 % lag. Dies bedeutet natürlich nicht, dass die Lagertemperatur möglichst hoch gewählt werden sollte um den Wasserverlust zu reduzieren. Dies würde sich vor allem hinsichtlich Fruchtreife und Fruchtqualität negativ auswirken. Jedoch zeigt der Versuch deutlich den Effekt der höheren Entfeuchtung bei längerer Laufzeit der Kälteanlage. Eine Vergrößerung der eingegebenen Temperatur-Hysterese (Differenz Min-, Max-Werte) kann unter Umständen schon zu einer ausreichenden Reduzierung der Kühltakte führen. Die optimale Anzahl an Kühltakten und Kühlzeiten pro Tag ist zum einen abhängig von der Lagertemperatur, zum anderen natürlich auch von der Jahreszeit. Als Faustzahl sollten bei einer Lagertemperatur von 3 °C in etwa 15-20 Kühltakte pro Tag erfolgen, bei 0 °C in etwa 40 Takte. Pro Tag sollten die Kühlzeiten pro Raum nicht mehr als vier Stunden betragen.
 

VEREISEN DER VERDAMPFER

Häufig kommt es durch Kondenswasser an den Lamellen zum Vereisen der Verdampfer, wodurch der Wirkungsgrad der Anlage abnimmt bzw. die Laufzeiten zunehmen. Je länger die Anlage läuft bzw. je niedriger die Verdampfertemperatur liegt, umso höher ist das Risiko des Vereisens. Daher sollte während der Lagerung eine regelmäßige Abtauung der Verdampfer erfolgen. Diese wird häufig als Kombination von Lüfternachlauf und elektrischem Abtauen durchgeführt. Das bedeutet, dass nach dem Kühltakt die Ventilatoren des Verdampfers ca. 10 bis 20 Minuten nachlaufen. Zusätzlich sollten pro Tag unabhängig von den Laufzeiten der Kälteanlage drei bis vier Abtauintervalle durch Ventilation erfolgen. In der Regel wird zusätzlich durch elektrisches Heizen der Lamellen abgetaut, was vor allem bei der Birnenlagerung bei Minustemperaturen notwendig ist.
 

SCHLECHTE LUFTFÜHRUNG ALS URSACHE FÜR ZU HOHE ENTFEUCHTUNG

Ein wichtiger Punkt, der auch die Entfeuchtung indirekt beeinflusst, ist die Luftumwälzung bzw. Luftführung im Lager. Bei schlechter Luftführung kann es zur Bildung von Wärmenestern zwischen den Kisten und zu einer geringeren Effektivität der Kälteanlage und damit auch zu längeren Laufzeiten kommen. Der wärmste Bereich in einem Lager liegt in der Regel am Boden unterhalb des Verdampfers, da die aus dem Verdampfer ausgeblasene Luft bis dahin den längsten Weg zurücklegen muss, sich dabei erwärmt und zudem die Luftgeschwindigkeit deutlich abnimmt. Im Rahmen eines Versuches am KOB wurde bei Einlagerung die Abnahme der Fruchttemperatur jeweils an einem Apfel im unteren Kistenbereich vor der Tür sowie unter dem Verdampfer gemessen. Bei anfänglicher Fruchttemperatur von 14 °C betrug nach 26 Stunden Abkühlzeit die Temperatur der Frucht im Türbereich 3,1 °C, die der Frucht im hinteren, wärmeren Bereich unterm Verdampfer 7,1 °C. In einem weiteren Versuch betrugen die gemessenen Luftgeschwindigkeiten im oberen Bereich des Raumes (unter der Decke) 1,3 m/s bzw. 2,2 m/s, im Bodenbereich oberhalb der untersten Kiste hingegen nur 0,3 m/s [siehe Abbildung 1]. Um eine möglichst homogene Temperatur-und Feuchteverteilung sowie den Abtransport der Wärme zum Verdampfer zu ermöglichen, sollten deshalb bei Einlagerung Stapelabstände zwischen den Kisten sowie zu den Wänden und zur Decke eingehalten werden. Dabei können als grobe Faustzahlen ein Abstand von ca. 10 cm zwischen den Kisten, 50 cm auf der Druckseite, 40 cm auf der Ansaugseite, 20 cm seitlich zu den Wänden sowie 50 cm zur Decke gewählt werden.
 

WEITERE URSACHEN FÜR ZU HOHE ENTFEUCHTUNG

Schlecht isolierte Türen, Fenster oder Wände führen zu einem Wärmeeintrag von außen in den Raum. Die dadurch aufgenommene Wärme muss entsprechend wieder von der Kälteanlage abgeführt werden, wodurch sich erneut die Laufzeiten verlängern können. Eine nachträgliche Isolierung der Räume ist meist schwierig, weshalb bereits bei Lagerbau nicht an ausreichender Wärmedämmung gespart werden sollte. Auch defekte Verdampfer können Ursache für eine erhöhte Entfeuchtung im Raum sein, da sich, je nach Defekt, der Wirkungsgrad der Anlage reduziert, die Anforderungen an die restlichen Verdampfer zunehmen oder sich die Luftumwälzung im Raum verschlechtert. Daher sollten vor jeder Lagersaison ein Probelauf der Kälteanlage sowie eine visuelle Kontrolle der Ventilatoren an den Verdampfern erfolgen.
 

ABTAUWASSERMESSUNG ZUR KONTROLLE DER KÄLTEANLAGE

Eine sehr gute Möglichkeit zur Kontrolle der Kälteanlage ist die Erfassung der Abtauwassermengen. Diese kann über eine relativ einfache, speziell installierte Einrichtung erfolgen [siehe Foto 2]. Wie bereits beschrieben sollte der Gewichtsverlust der Früchte während der gesamten Lagersaison zwisehen 2 % und 3,5 % liegen, um physiologische Erkrankungen wie Schalenbräune zu vermeiden. Dies entspricht je nach Sorte einer Menge von 3-4 Liter pro Tonne und Monat z. B. für die Sorten 'Cox Orange', 'Boskoop' und 'Elstar', 2-3 Liter pro Tonne und Monat für 'Golden' und 'Braeburn' oder 1,5-2,5 Liter pro Tonne und Monat für 'Jonagold', 'Fuji' und 'Idared'. Liegt die gemessene Abtauwassermenge deutlich darüber oder darunter gilt es nach den Ursachen für die zu hohe bzw. zu niedrige Entfeuchtung zu suchen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
 

ZUSÄTZLICHE BEFEUCHTUNG DER RÄUME

Eine Maßnahme, die bereits in vielen Lagerräumen installiert ist, ist eine Rückführung des am Verdampfer anfallenden Kondenswassers auf den Boden des Raumes. Dabei wird an der Wand ein Rohr von der Auffangwanne des Verdampfers bis auf den Boden verlegt. Das Kondenswasser kann somit über den Luftstrom sowie die höheren Temperaturen im Bereich des Bodens erneut verdunsten und die Luft befeuchten [siehe Abbildung 4]. Optional kann die Anlage so installiert werden, dass über Handbetrieb von der Rückführung des Kondenswassers auf die Abtauwassermessung umgeschaltet werden kann. Eine weitere Maßnahme, die in der Praxis häufig Anwendung findet, ist das Bewässern des Bodens bei Einlagerung (Foto 3a und b). Neben einer Erhöhung der Luftfeuchtigkeit, gerade bei Einlagerung, wenn die Temperaturdifferenz zwischen Frucht und Verdampfer sehr groß ist, kann durch die Befeuchtung die Wasseraufnahme des Bodens reduziert werden und als zusätzliche Isolierung der Wärmestrahlung des Bodens bei Lagerbeginn entgegenwirken. In manchen undichten Räumen verbessert sich dadurch sogar, zumindest kurzfristig, die Dichtheit der Räume. Eine Option, die verschiedene Kältefirmen anbieten, sind zusätzliche Luftbefeuchter, die zum Beispiel als Sprühdüsen seitlich an den Verdampfern befestigt werden und den Luftstrom somit befeuchten können [siehe Foto 4a]. Grundsätzlich ist jedoch in einem Raum, in dem z. B. durch zu tiefe Verdampfungstemperaturen eine zu große Entfeuchtung erfolgt, auch der Nutzen einer zusätzlichen Befeuchtung des Luftstroms als kritisch zu sehen, da in diesem Fall das zugeführte Wasser größtenteils wieder am Verdampfer kondensiert und somit die zugeführte Feuchtigkeit wieder entzogen wird. Zudem steigt bei zusätzlicher Befeuchtung des Luftstroms und gleichzeitig zu geringer Verdampfer-Temperatur das Risiko des Vereisens der Lamellen, was im Extremfall zur Bildung dicker Eisschichten am Verdampfer und damit zu einer extremen Reduzierung des Holzkisten auch vor Einlagerung bewässert werden.
 

PROBLEME BEI ZU HOHER LUFTFEUCHTIGKEIT IM RAUM

Nicht nur zu geringe, sondern auch zu hohe Luftfeuchtigkeit (> 95 % rLF) kann im Lager zu Problemen führen. Wie bereits erwähnt, kann bei zu hoher Luftfeuchtigkeit das Risiko für bestimmte physiologische Erkrankungen, wie der Schalenbräune [siehe Foto 5], zunehmen.
Auch das mehlige Aufplatzen kann, vor allem bei spät geernteten Äpfeln, Folge zu hoher Luftfeuchte sein. Zudem kann verstärkte Schimmelbildung an Kisten oder Fruchtstielen auftreten und der Befall mit Lagerfäulen zunehmen [siehe Foto 6].
 

ZUSAMMENFASSUNG: MASSNAHMEN BEI ZU GERINGER LUFTFEUCHTIGKEIT

• Abstimmung der Kälteanlage prüfen (A t)
• Temperatur-Hysterese (Min, Max-Werte) vergrößern
• Funktionsfähigkeit der Verdampfer prüfen
• Bei alten Verdampfern mit geringer Kälteleistung evtl. Verdampfer wechseln
• Wärmeeintrag in den Raum prüfen und ggf. nachisolieren
• Auf ausreichende Luftführung achten (Stapelabstände)
• Evtl. zusätzliche Befeuchtung (Boden, Sprühdüsen?)
 

ZUSAMMENFASSUNG: MASSNAHMEN BEI ZU HOHER LUFTFEUCHTIGKEIT

• Abstimmung der Kälteanlage prüfen (At)
• Temperatur-Hysterese (Min-, Max-Werte) verkleinern
• Ggf. längere Ventilationszeiten (z. B. bei langen Kälteperioden im Winter => 
   geringe Laufzeiten der Kälteanlage => hohe rel. LF)
• Auf zusätzliche Befeuchtung verzichten
• Vereiste Verdampfer abtauen
 

Medium

1975 hat der Vorstand der Fachgruppe Obstbau den Beschluß gefaßt, ab Januar 1976 eine Verbandseigene Fachzeitschrift herauszugeben. OBSTBAU hat sich seitdem zu einer renommierten Fachzeitschrift entwickelt, auf die kein zukunftsgerichteter Betriebsleiter/ Betriebsleiterin verzichten kann. Mit einer Auflage von über 7000 Exemplaren ist OBSTBAU heute die größte überregionale Fachzeitschrift für Obstbau im deutschsprachigen Raum.
Werbung